Ein breites Bündnis will Tausende Menschen gegen steigende Mieten in Stuttgart mobil machen und plant eine Kundgebung am Samstag. Bundesweit finden an dem Tag Demonstrationen gegen Wohnungsnot, Spekulationen mit Immobilien und Leerstand in Großstädten statt.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

S-Mitte/S-Süd - Am Samstag, 6. April, 14 Uhr, findet in Stuttgart die Mietendemo mit dem Titel „#druckimkessel“ statt, organisiert vom Aktionsbündnis Recht auf Wohnen. Das Bündnis fordert einen tief greifenden Wandel in der Wohnungspolitik. „Die Verdrängung von MieterInnen durch Modernisierungen muss endlich gestoppt und der soziale Wohnungsbau massiv ausgeweitet werden“, heißt es von den Organisatoren der Demo. Hintergrund der Kampagne und Demonstration sind explodierende Mietpreise und die akute Wohnungsnot in der Stadt. Die Forderung des breiten Bündnisses ist deshalb klar: „Mieten runter!“

 

Mittlerweile haben sich 30 Initiativen hinter dem Aktionsbündnis Recht auf Wohnen versammelt, das die Demo seit Monaten plant. Darunter befinden sich Gewerkschaften, Sozial- und Kirchenverbände und Parteien wie SPD, Grüne und die Linkspartei. „Es geht uns um ein klares Signal an das Rathaus, dass Menschen vor Profit stehen müssen“, sagt Paul von Pokrzywnicki vom Organisationsteam. Die Veranstalter rechnen mit etwa 2000 Menschen in Stuttgart. Das bestätigt der städtische Pressesprecher Sven Matis auf Anfrage.

In vielen Städten formiert sich Widerstand gegen explodierende Mieten

Start der Demo ist um 14 Uhr auf dem Schlossplatz, Ende soll gegen 16 Uhr am Marienplatz sein. Bei der Kundgebung sprechen unter anderem die Kabarettistin Christine Prayon (u.a. „Heute Show”), Christa Reuschle-Grundmann (AG freie Träger der Wohnungsnotfallhilfe), Rolf Gaßmann (Vorsitzender des Mieterverein Stuttgart), Bettina Oeding (Mieterinitiativen Stuttgart) und Cuno Brune-Hägele (ver.di Stuttgart). Die Moderation übernehmen Joe Bauer („Stadtspaziergänger“) und Sidar Carman (Gewerkschaftssekretärin).

Auch in vielen weiteren Städten finden am Samstag Demonstrationen und Kundgebungen gegen Mietenwahnsinn statt, darunter Berlin, Köln, Leipzig, Jena, Potsdam und Freiburg. Ein Blick auf andere Städte zeigt, dass das Thema Mieten in Großstädten gewaltiges Mobilisierungspotenzial hat. In Berlin hatte im April 2018 ein ähnlich aufgestelltes Bündnis über 15 000 Menschen auf die Straße gebracht, eine Neuauflage der Demo für dieses Jahr ist bereits geplant. In München demonstrierten im September unter dem Hashtag #ausspekuliert mindestens 10 000 Menschen für bezahlbaren Wohnraum und gegen hohe Mieten.

Bereits jetzt ist die Situation für viele Gruppen „prekär“

Auch die Caritas Stuttgart weist auf ihrer Facebook-Seite auf die Demo hin und solidarisiert sich mit der Aktion. Wenn sich Mitarbeiter der Caritas dort beteiligen würden, fände das Caritas-Chef Uwe Hardt „nur konsequent“. Erst kürzlich habe man bei den eigenen Mitarbeitern eine Studie durchgeführt, um herauszufinden, in welchen Lebenssituationen sie sich befinden und vor allem, ob ihr Geld reicht, um in Stuttgart wohnen und leben zu können. „Das ist wirklich ein großes Problem“, sagt Hardt. „Das ist längst bei der Mittelschicht angelangt.“

Stuttgart habe bisher keine richtige Strategie gegen die Wohnungsnot, gerade für Rentner gebe es keine Ausweichmöglichkeiten, wenn diese ihre Wohnung verlieren. „Das wird prekär“, beklagt Hardt, der seit 2015 Vorstand der Caritas Stuttgart ist. Gerade Rentner, Alleinerziehende, Hartz IV-Empfänger oder Singles spüren die Auswirkungen der steigenden Mieten bereits jetzt immens. „Müssen die alle Stuttgart verlassen? Wollen wir nur noch eine Stadt für Reiche sein?“ frage er sich da längst. Doch selbst die bräuchten ja mal Altenpfleger, eine Krankenschwester oder Erzieher. „Die werden aber nicht für einen Job nach Stuttgart reisen“, befürchtet Hardt.

Caritas-Vorstand wünscht engere Zusammenarbeit zwischen Stadt und Sozialträgern

Er befürwortet deshalb stärkere staatliche Eingriffe in den Wohnungsmarkt, selbst wenn „die Wirtschaft da Sturm“ laufe. Es brauche aber dringend neue Konzepte in Stuttgart und die Stadt müsse da mit Sozialträgern gemeinsam daran arbeiten, sagt Hardt. Sein Fazit: „Jede Demo, die auf die Situation hinweist, ist positiv.“