Der Erfolg in Rheinland-Pfalz lindert in der SPD etwas den Schmerz, in Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt keine Volkspartei mehr zu sein. Aber schafft es Parteichef Gabriel, die Partei bundesweit zu stärken?

Berlin - Eine halbe Stunde nach den Prognosen war die SPD-Spitze bemüht um ein Bild der Geschlossenheit. Olaf Scholz, Hannelore Kraft, Martin Schulz, Frank-Walter Steinmeier und Thomas Oppermann erklommen mit SPD-Chef Sigmar Gabriel das Podium im Willy-Brandt-Haus. Und weil auch noch ein paar andere sich um ihn drängten, hatte Gabriel wegen der beengten Verhältnisse gar keine Chance zu stürzen. Das Gruppenbild tat Not, denn zuletzt war spekuliert worden, was aus Gabriel nach diesem Tag werde. Die gängige Lesart war, dass er sich kaum halten werde, sollte die SPD in allen drei Ländern verlieren. Es war deshalb Malu Dreyer, die Gabriel rettete. Und so fielen seine Lobeshymnen auf die Last-Minute-Siegerin überschwänglich aus, ganz anders die knappe Danksagung an Nils Schmid, der den Absturz in Baden-Württemberg verantwortet.

 

Verhalten war der Applaus für Gabriel, der seinerseits gar nicht erst versuchte, seine durchwachsene Stimmungslage zu verbergen. Dies sei ein „Wahlabend mit ganz unterschiedlichen und gemischten Gefühlen“, sagte er. Sicher, der Triumph von Dreyer sei vor ein paar Wochen von vielen ins Reich der Fantastereien verbannt worden und sei deshalb umso mehr ein Grund der Freude. Aber der Durchmarsch der AfD sei Grund genug, „sehr ernsthaft auf diesen Wahlabend zu schauen“. Pathetisch geriet seine Kampfansage an die „großen Vereinfacher“, denen es nicht gelingen werde, „das Land in politische Instabilität zu stürzen“. Dafür werde die SPD in der Regierung schon sorgen, die allein Stabilität garantiere. Kanzlerin Angela Merkel könne sich bis zur Wahl 2017 „auf uns und unsere konstruktive Mitarbeit verlassen“, so der Vizekanzler. Allerdings müssten „die Chaostage in der Union endlich beendet werden“.

Voller Einsatz in Mainz

Die SPD hatte in Rheinland-Pfalz alles in die Waagschale geworfen, was in der Partei Rang und Namen hat. Die Verteidigung der Staatskanzlei galt als wichtigstes Wahlziel. Sigmar Gabriel garantiert der Abend deshalb wegen der Tiefschläge in Stuttgart und Magdeburg zwar keine Stabilität, wohl dürfte das Mainzer Ergebnis ihm aber eine Atempause verschaffen. Seit seinem schwachen Ergebnis auf dem SPD-Parteitag stand seine Autorität in Frage. Und auch sein Kurs in der Flüchtlingskrise war zwischenzeitlich umstritten. Denn Gabriel war mehrfach versucht, mit einem rigideren Kurs zu punkten. So zum Beispiel, als er nach den sexuellen Übergriffen in der Silvesternacht forderte, es sei dem deutschen Steuerzahler nicht zuzumuten, die Haftkosten für straffällige Flüchtlinge zu tragen, weshalb über Knast im Heimatland nachgedacht werden müsse. Wenig später attackierte er Kanzlerin Merkel direkt und schob ihr die alleinige Verantwortung für eine europäische Lösung zu.

In beiden Fällen bremsten ihn die Genossen aus. Merkel rechts überholen? Undenkbar für viele, und so ist zu hören, dass vor allem Hannelore Kraft und Olaf Scholz den SPD-Chef in die Schranken wiesen. Am Ende war aber auch Gabriel klar, dass nur ein merkeltreuer Kurs erfolgversprechend sein konnte, zumal schnell deutlich wurde, wie sehr CDU-Herausforderin Julia Klöckner die Absetzbewegungen von Merkel schadeten.

Ruhiger werden die Zeiten für den SPD-Chef nicht

Punkten konnte Gabriel bei seinen Leuten zuletzt mit der Forderung nach einem Solidarpaket, das auch die hiesige Bevölkerung mit sozialen Wohltaten beglücken soll, damit es bei verunsicherten Deutschen nicht heiße, für die Flüchtlinge tue die Regierung alles, für die Einheimischen nichts. Der Vizekanzler ließ prompt wissen, dass dies das Wahlprogramm einer möglichen Kanzlerkandidatur Gabriels prägen würde. Die SPD werde ein „soziales Investitions-und Modernisierungsprogramm zum Thema der Bundestagswahl 2017 machen“.

Ruhiger werden die Zeiten nicht. Die Beben in Stuttgart und Magdeburg werden Gabriel beschäftigen. Außerdem wird er nach einem Weg suchen müssen, sich von Merkel abzusetzen. Gleichwohl wird ihn keiner aus dem Amt drängen. Zwar ist der Meckerpegel in der SPD sehr hoch. Aber keiner steht bereit, Gabriel abzulösen. Daran hat der Wahlabend nichts geändert.