Nach außen hin bekundet Grün-Schwarz den Willen zum Weitermachen. Doch hinter den Kulissen laufen Gespräche über einen Putsch gegen den Ministerpräsidenten. Was ist da los?

Stuttgart - Nach den Turbulenzen in der grün-schwarzen Regierungskoalition versucht Ministerpräsident Winfried Kretschmann die Gemüter zu beruhigen: „Dass es ab und zu mal rumpelt, ist in einer Koalition mit annähernd gleich starken Partnern nun mal nicht zu vermeiden“, sagte der Grünen-Politiker unserer Zeitung. „Das sollte in der Bedeutung nicht übertrieben werden.“ Die Koalition habe in den ersten zwei Jahren seit der Wahl 2016 gut zusammengearbeitet. „Daran ändern auch die zwei Vorkommnisse der vergangenen Woche nichts.“

 

In der Koalition war es zu heftigen Verwerfungen gekommen, nachdem die CDU-Landtagsfraktion sich geweigert hatte, die mit den Grünen vereinbarte Wahlrechtsänderung umzusetzen. Von dieser hatten sich die Grünen mehr Frauen im Parlament erhofft. Das sollte über die Einführung von Parteilisten erreicht werden. Dabei kann die Grünen-Fraktion ein fast ausgeglichenes Geschlechterverhältnis vorweisen. Bei den anderen Fraktionen sind die Frauen weit unterrepräsentiert.

Spekulation über konstruktives Misstrauensvotum

Als Reaktion auf die Blockade der CDU ließen die Grünen deren Kandidatin für das Amt der Landtagsvizepräsidentin, Sabine Kurtz, durchfallen. Sie kam erst im zweiten Wahlgang mit Hilfe anderer Fraktionen durch. Danach forderten die Grünen die Ablösung von Kurtz als Vorsitzende des Untersuchungsausschusses zur Beamtenhochschule Ludwigsburg.

Diese Konflikte entfachen neue Spekulationen über einen Sturz Kretschmann mittels eines konstruktiven Misstrauensvotums. Dazu müssten CDU, SPD und FDP eine so genannte Deutschlandkoalition bilden. Gespräche dazu werden geführt. Eine mit den Vorgängen vertraute Person sagte: „Es gibt direkte Gesprächskontakte zwischen CDU und SPD in einem Maße, wie es bisher nicht Fall war.“ Es werde über Bande gespielt. So sei es kein Zufall, dass sich die SPD prompt gegen den Grünen-Wunsch nach Abberufung der Ausschussvorsitzenden Kurtz gewandt habe. In der SPD-Fraktion verfestige sich der Eindruck, die CDU-Fraktion sei bereit zum Sprung. CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart wolle Ministerpräsident werden und stünde parat.

Reinhart warnt die Grünen

Reinhart widersprach: „Ich will das Gelingen der grün-schwarzen Koalition. Die Frage nach anderen Mehrheiten stellt sich nicht. Wir haben große Teile des Koalitionsvertrags erfolgreich umgesetzt.“ Allerdings hätten die Grünen mit ihrem Verhalten bei der Wahl der Landtagsvizepräsidentin dafür gesorgt, dass die Koalition im Landtag ohne Mehrheit dastand. „So etwas darf sich nicht wiederholen, im Parlament muss die Mehrheit stehen, das ist elementar“, warnte Reinhart.

FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke hatte nach den grün-schwarzen Wirren einen Zählappell in den eigenen Reihen gestartet. Das Ergebnis meldete er dem SPD-Fraktionschef Andreas Stoch: „Meine Leute stehen bereit.“ Stoch reagierte nicht darauf. Er will sich seinen Handlungsspielraum bewahren. Anders SPD-Landeschefin Leni Breymaier. Sie nahm die Deutschlandkoalition als „Schnapsidee“ von der Agenda. Als Bruchstelle im grün-schwarzen Bündnis gelten mögliche Fahrverbote zur Luftreinhaltung.

Zu den Vertretern einer Deutschlandkoalition zählt CDU-Justizminister Guido Wolf. CDU-Vorstandsmitglied Christian Bäumler mahnte die Landtagsfraktion, ihren Vizeministerpräsidenten zu unterstützen. „Die Fraktion sollte aufhören, über Thomas Strobl zu diskutieren.“

– Debatte um Zukunft von Grün-Schwarz