Die gebürtige Korntal-Münchingerin Hannah Jäger und ihre beste Freundin haben ein Start-up gegründet und entwickeln multimediale Kartenspiele. Nun gibt es die zweite Edition. Damit sind die Junggründerinnen aber längst nicht am Ziel.

Die Geschäftsidee hat sich bewährt: In den vergangenen zwei Jahren waren Hannah Jäger (23) und ihre beste Freundin sowie Geschäftspartnerin Miriam Kinzl (21) fleißig und haben ihr anno 2020 gegründetes Start-up weiter vorangetrieben. Die beiden jungen Frauen entwickeln multimediale Kartenspiele für vor allem Schülerinnen und Schüler ab dem Teenageralter. Konkret besteht das Kreativmedienprodukt „Lieberté – lieber frei denken“ – so heißt auch das Start-up – aus analogen Spielkarten mit QR-Codes auf der Rückseite. Die führen zu digitalen Podcasts mit Expertinnen und Experten, wenn man sie mit dem Smartphone oder Tablet scannt.

 

Nun gibt es die zweite Edition des Kartenspiels, bei dem die Spieler wieder gemeinsam denken und diskutieren. Aus dem Gründertrio ist mittlerweile ein Duo geworden, „ein starkes Frauenduo“, wie die gebürtige Korntal-Münchingerin Hannah Jäger es formuliert. Der einst Dritte im Bunde, Julian Fischer, hat sich zurückgezogen.

Finanzspritze von 3000 Euro

Einiges getan hat sich auch bei der zweiten Auflage des Kartenspiels – und doch ist viel gleich geblieben. Hannah Jäger und ihr Team haben das Thema Utopien konkretisiert, es geht jetzt um nachhaltige Utopien und die Frage: Wie bekommen wir die Klimakrise in den Griff? Besonders ist, dass es das Kartenspiel in zwei Sprachen gibt, auf Deutsch und Französisch. Das ermöglichen die Zusammenarbeit mit dem Deutsch-Französischen Jugendwerk und eine Förderung von 3000 Euro.

„Dieses Mal haben wir größer gedacht“, sagt Hannah Jäger. Der mit einiger Unterstützung produzierte Neuling sei viel professioneller und hochwertiger als der „philosophische und improvisierte“ Vorgänger, der sich immerhin schon etwa 100-mal verkauft hat. Das erste politische Spiel entstand binnen kurzer Zeit im Rahmen des 5-Euro-Business-Wettbewerbs der Universität Passau, an der Jäger, Kinzl und Fischer damals noch studiert haben. Und es hat beim Wettbewerb den Pressepreis gewonnen sowie Platz drei beim Deutschen Multimediapreis belegt. Mit diesem wurde Hannah Jäger bereits für ihren Literaturblog ausgezeichnet.

Herausforderung Klimakrise

Auch die zweite Edition des Kartenspiels soll junge Erwachsene dazu ermutigen, über ihre Zukunft nachzudenken, sie zu gestalten und Eigenverantwortung zu ergreifen. Es soll zudem die Medienkompetenz stärken und die Diskussionsfähigkeit schulen. Denn im Idealfall setzt man sich während des Spiels mit einer anderen als der eigenen Meinung auseinander. „Schülerinnen und Schüler trauen sich immer weniger, klar Haltung zu beziehen“, stellt Hannah Jäger fest.

Wie Miriam Kinzl arbeitet die 23-Jährige gern mit jungen Leuten im Bereich Bildung und in der interkulturellen Jugendarbeit. Dabei hätten sie gemerkt, dass Jugendliche oft die kritischsten Fragen stellen – und dennoch häufig von Erwachsenen nicht ernst genommen würden. „Das wollten wir ändern.“ Gerade die Klimakrise stelle junge Menschen nun vor sehr große Herausforderungen. „Es geht darum, jetzt zu handeln. Wir möchten sie konstruktiv ermutigen, Verantwortung zu übernehmen und Utopien im Alltag und im Großen durchzudenken – und dann zu leben“, sagt Hannah Jäger. Die Themen des neuen Kartenspiels – Lebensmittelverschwendung, solidarische Landwirtschaft, urbane Gemeinschaftsgärten, politisches Engagement – sollen direkt an die Lebenswelt junger Menschen anknüpfen.

Europäisches Lernmaterial zur Nachhaltigkeit

Dass dies nun zweisprachig passiert und das Kartenspiel ein Bildungsprojekt ist, europäisches Lernmaterial zur Nachhaltigkeit, macht Hannah Jäger besonders stolz, zumal sie ein Faible für Frankreich hat. Sie spricht die Sprache, war nach dem Abitur in Korntal im deutsch-französischen Kulturzentrum in Nantes und absolvierte ein Auslandssemester in Toulouse. Der Kontakt zum Deutsch-Französischen Jugendwerk und damit auch zu dessen Juniorbotschafterinnen und Juniorbotschaftern erfolgte über eine Ausschreibung des DFJW. Die Karten wurden eins zu eins übersetzt, die Podcasts gibt es nur auf Deutsch oder Französisch. Es sei spannend, einen Blick rüberzuwerfen, sagt Hannah Jäger: So würden die Franzosen zwar über die hiesige Mülltrennung witzeln, beim Thema Lebensmittelverschwendung seien sie jedoch weiter: Per Gesetz dürfen Supermärkte Lebensmittel nicht mehr einfach wegwerfen.

Geht es nach Hannah Jäger und Miriam Kinzl, etabliert sich das Kartenspiel in Schulen in Deutschland und Frankreich. Bei der Verbreitung helfen die Juniorbotschafter. Die 23-Jährige, die Medienteamerin der Jugendpresse ist und im politischen und europäischen Kontext als pädagogische Seminarleiterin arbeitet, sagt: „Unser Ziel ist es, selbst in Schulen zu gehen und Lieberté mit Klassen auf Deutsch und/oder Französisch zu spielen.“ Verkaufen dürfen sie das neue Spiel allerdings nicht, wegen der Förderung. Doch sie seien offen etwa für Spieleverlage, die möglicherweise mehr Türen öffnen, und wollten auf die entsprechenden Landes- und Bundeszentralen zugehen. „Man muss sich einfach trauen, etwas zu machen“, lautet Hannah Jägers Motto.

Wunsch: großes Team mit der Zielgruppe

Eine dritte Edition ist zwar noch nicht geplant – das Frauenduo hat aber schon Ideen. „Wir würden gern wieder ein großes Team bilden, nur dieses Mal nicht zwingend zweisprachig, sondern mit der Zielgruppe gemeinsam“, sagt Hannah Jäger: „Wir fänden es sehr spannend, ein Medienkompetenz-Projekt mit anzuleiten und zum Beispiel an Schulen eine dritte Edition mit interessierten Schülerinnen und Schülern zu produzieren.“ Die Jugendlichen wären demnach selbst am Zug und würden sowohl die Themenideen als auch Interviews übernehmen.

Hier gibt es mehr Infos

Die Internetseite von Lieberté wird zurzeit umgebaut, mehr Informationen gibt es auf Instagram: @lieberte_kartenspiel.