Ohne Vorwarnung hat die Stadt Stuttgart den Gehweg vor einer Traditionsbäckerei in Stuttgart-Degerloch verpollert. Darauf folgte ein Sturm der Entrüstung. Doch was genau stört die Kunden daran? Ein Vormittag vor der Bäckerei bringt Antworten.

Degerloch - Karlheinz Link hält mit seiner Meinung nicht hinterm Berg. „Das ist unsinnig“, sagt der sportliche 65-Jährige über all die Poller vor der Bäckerei Blankenhorn. Zur Erinnerung: Kurz nach den Osterferien hatte die Stadt die Poller als Maßnahme der Fußwegsicherung angebracht, ohne die Blankenhorns vorzuwarnen. Das hatte große Diskussionen bei der Kundschaft ausgelöst Ein Problem sind die weggefallenen Parkplätze vor allem für ältere Kunden. Rings um die Bäckerei herrscht allenthalben Knappheit an Parkraum, weshalb immer wieder vogelwild geparkt wird – auf Grundstücken der Nachbarn, auf der Verkehrsinsel oder mitten auf der Straße.

 

Parkplatznot wird verschärft durch die Poller

Die neuen Poller verschärfen die Parkplatznot nun. Dabei biete der Bürgersteig genug Platz für Autos und Fußgänger, sagt Karlheinz Link und deutet auf den breiten Bürgersteig. Er selbst holt seine Brötchen übrigens mit dem Rad. Niemand sei gestört, wenn kurz zwei Autos anhielten. Zumal er noch nie einen Konflikt zwischen Fußgängern und Autofahrern beobachtet habe. „Man sollte für klare Verhältnisse sorgen und zwei Parkplätze anlegen.“

Ähnlich denkt Marion Wiedenhöfer. Sie kennt die Situation genau, denn sie wohnt im Eckhaus neben der Bäckerei. „Vor allem für ältere Leute mit Rollatoren und Eltern mit Kinderwagen war es vorher besser“, so Wiedenhöfer. Die müssten jetzt um die Poller Slalom fahren, genau wie die Radfahrer auch. Die Auswirkungen sehe sie jeden Tag: „Es herrscht ein ziemliches Durcheinander. Die Autos stehen jetzt teilweise vor meiner Tür oder parken eben ein paar Meter weiter auf dem Gehweg. Das hat früher besser funktioniert“, sagt die Anwohnerin.

Große Verwunderung über das Vorgehen der Stadt

Nicht ganz so kritisch äußert sich eine Frau aus Möhringen, die am späten Vormittag eine Tasse Kaffee draußen am Stehtisch trinkt. Sie wolle weiterhin kommen – mit Bus und Bahn oder per Carsharing. Gewundert habe sie sich trotzdem: „Die Stadt hätte den Bäcker fragen sollen, bevor sie die Poller aufstellt.“ Ob die Aktion zwingend nötig war, hält sie ebenfalls für fraglich. „Ich habe zumindest nie beobachtet, dass ein Auto einem Fußgänger den Weg abgeschnitten hätte.“

Deutlich äußert sich ein Mann in Funktionsjacke, der mit dem Rad gekommen ist, seinen Namen aber nicht in der Zeitung lesen will. „Das sieht furchtbar aus“, sagt er, „als hätte man einen Gartenzaun hingebaut“. So ein massives Poller-Aufkommen habe er noch nie gesehen, es wirke, als habe man die Bäckerei „eingekastelt“. Völlig übertrieben sei das. „Der Gehweg ist hier groß und weitläufig, um ein Auto könnte man locker herumlaufen.“

Das Argument der Stadt sei abwegig

An jenem Montagmittag ist das Aufkommen an Autos jedoch überschaubar. Die überwiegende Mehrheit kommt zu Fuß, manche mit dem Rad. Morgens sehe das aber ganz anders aus, sagt Marion Wiedenhöfer, vor allem samstags sei verkehrstechnisch Land unter. Nicht alle Kunden haben eine so klare Meinung. Ihn störten die Poller nicht, sagt ein junger Mann im Anzug achselzuckend. Das Argument der Stadt, man sichere durch die Aktion den Schulweg ab, findet er aber zum Lachen. „Gefährlich ist die Stelle hier ja wohl nicht gewesen.“

Noch in diesem Monat treffen sich übrigens Vertreter verschiedener Ämter zu einer Ortsbegehung und beratschlagen über die künftige Gestaltung der Ecke.