Wolfgang Grupp, den erfolgreichen Unternehmer, hat Politik nie interessiert. Das sagt er. Doch 1987 zog er bei der CDU die Strippen. In einer neuen SWR-Doku spricht der Trigema-Chef über das besonders dreiste Beispiel von Politikbeeinflussung.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Seinen Spitznamen hat der baden-württembergische Landtagswahlkreis „61 – Hechingen-Münsingen“ schon lange vor dem Jahr 1987 gehabt. Bananen-Wahlkreis wurde das Gebilde aus Dörfern und kleinen Städten aus den Kreisen Reutlingen und Zollernalb wegen seiner gekrümmten Form genannt. Doch nach der damaligen Kür des örtlichen CDU-Landtagskandidaten fühlten sich viele auch tatsächlich an eine Bananenrepublik erinnert. Mitten drin: Wolfgang Grupp. In einer SWR-Dokumentation hat sich der langjährige Chef des Textilherstellers Trigema noch einmal an die Affäre erinnert.

 

Ein schlechtes Gewissen quält ihn demnach auch heute nicht, obwohl er damals dem Newcomer Paul-Stefan Mauz, einem jungen Arzt, auf durchaus unorthodoxe Weise zum Sieg verholfen hat. Politik interessiere ihn nicht und er habe auch keine Gegenleistungen erwartet, sondern allein aus Burladinger Lokalpatriotismus gehandelt, versichert Grupp in der neuen SWR-Doku, die anlässlich seines 82. Geburtstags in der Mediathek erschienen ist. Denn Mauz war Burladinger und obendrein der Sohn eines ehemaligen Trigema-Prokuristen.

120-Trigema-Mitarbeiter gehen zur CDU

Das Problem: der alteingesessene CDU-Landtagsabgeordnete Theo Götz musste dafür erst abgeschossen werden und der brachte aus dem Kreis Reutlingen die vermeintlich größere Hausmacht mit. Vertreter der Zollernalb-CDU seien deshalb damals auf ihn zugekommen, erinnert sich Grupp in der Doku. „Können Sie nicht ein paar Mitarbeiter überreden, dass sie in die CDU eintreten?“

Grupp konnte. Man wusste ja, dass er ein gutes Verhältnis zu seinen Mitarbeitern habe, erinnert er sich im Gespräch mit unserer Zeitung. „Ich bin durch die Reihen gegangen.“ Am Ende hätten 120 Trigema-Mitarbeiter die im Sekretariat ausgelegten Mitgliedsbeiträge ausgefüllt. „Wenn ich meinen Mitarbeitern sage, lasst uns das oder das machen, dann tuns sie das beziehungsweise helfen mir dann auch.“

Allein 98 Aufnahmeanträge, so wurde später parteiintern ermittelt, sollen an derselben Schreibmaschine getippt worden sein. Schon eine Woche später fuhr die Belegschaft in eigens gecharterten Gelenkbussen zum Kreisparteitag und verschaffte Mauz die erforderliche Mehrheit. Er gewann mit 459 zu 416 Stimmen. Zuvor hatte Grupp seinen Mitarbeitern noch ein Vesper in einer Wirtschaft spendiert. Auch die Mitgliedsbeiträge habe er für ein halbes Jahr übernommen.

Später treten alle wieder aus

Dass hinterher Politik und Presse über ihn herfielen, hat er allerdings nicht verstanden. „Bin ich eigentlich besoffen?“, habe er gedacht. Dass diejenigen, die ihn damals um den Gefallen gebeten hätten, ihn dann nicht verteidigt, sondern den Schwanz eingezogen hätten, habe ihn schwer enttäuscht. Sein Verhältnis zur CDU war danach nachhaltig gestört. Er habe nie wieder Geld für die Partei gespendet. „Da habe ich viel Geld gespart.“

Ein „CDU-Stammwähler“ ist Grupp aber geblieben. Nur als Angela Merkel damals Friedrich Merz abgeschossen habe, habe er auch einmal FDP gewählt, erinnert sich Grupp gegenüber unserer Zeitung. Vor der Landtagswahl vor drei Jahren lobte er sogar ausdrücklich den grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann und liebäugelte mit der Wahl der Grünen. Bei der CDU trat er aber postwendend wieder aus. Auch hier folgten ihm seine Mitarbeiter offenbar vertrauensvoll. „Kurzfristig sind alle wieder ausgetreten.“

Mauz schaffte ein Jahr nach der Nominierung tatsächlich den Sprung in den Landtag und blieb dort bis 2001. Er kam allerdings nicht über die Funktion des sektenpolitischen Sprechers seiner Fraktion hinaus.