Es ist der dritte schwere terroristische Anschlag in Frankreich in zwei Jahren. Ein Lastwagen rast am Nationalfeiertag in eine Menge, der Fahrer schießt zudem nach Angaben von Augenzeugen um sich, bevor er selbst ums Leben kommt.

Nizza - Frankreich ist an seinem Nationalfeiertag vom dritten schweren Terroranschlag innerhalb von zwei Jahren erschüttert worden. Ein Angreifer in einem Lastwagen raste am Donnerstagabend in Nizza in die feiernde Menge auf der berühmten Promenade des Anglais und richtete ein Massaker an: Mindestens 84 Menschen wurden bei der zwei Kilometer langen Horrorfahrt getötet, darunter mehr als zehn Kinder. Staatspräsident François Hollande ging von einem terroristischen Hintergrund aus. Zu der Tat bekannte sich aber niemand.

 

Über die Identität des von Polizisten getöteten Fahrers hielten sich die Behörden bedeckt. Innenminister Bernard Cazeneuve, der nach Nizza geeilt war, wollte sich nicht zu Medienberichten äußern, wonach bei dem Mann ein Ausweis gefunden worden sei. Der Präsident des Generalrats der Region Alpes-Maritimes, Eric Ciotti, sagte, der Attentäter sei „offensichtlich bei einem Schusswechsel“ mit der Polizei getötet worden.

Hollande verlängerte umgehend den nach den Anschlägen von Paris im November verhängten Ausnahmezustand um drei Monate und begab sich auf den Weg nach Nizza. „Frankreich wurde an seinem nationalen Festtag, dem 14. Juli, dem Symbol der Freiheit, getroffen“, sagte der Staatspräsident am Freitagmorgen. Dass ein Lastwagen mit der Absicht „zu töten, zertrümmern und massakrieren“ in Menschen gelenkt werde, sei „absolute Gewalt“, eine „Ungeheuerlichkeit“.

Gab es Komplizen?

Regionalpräsident Christian Estrosi sagte, einige der 1200 Überwachungskameras hätten „in den Bergen von Nizza“ den Moment eingefangen, in dem der Angreifer in den Lastwagen gestiegen sei. Von da an könne die Horrorfahrt bis zur Promenade verfolgt werden. Nun müsse mit Hochdruck nach Komplizen gefahndet werden, sagte Estrosi: „Es gibt eine Kette der Komplizenschaft. Ich erwarte, dass sie aufgedeckt wird.“

Hollande sagte, es sei noch nicht klar, ob der Attentäter Komplizen gehabt habe. Die Pariser Terror-Staatsanwaltschaft habe Ermittlungen aufgenommen. „Der terroristische Charakter (der Tat) kann nicht geleugnet werden“, erklärte der Staatspräsident. „Ganz Frankreich wird von islamistischem Terrorismus bedroht.“

Kurz vor dem Angriff gab es entlang der Strandpromenade ein Feuerwerk, das viele Besucher angezogen hatte. Videoaufnahmen zeigten Chaos und Panik. Verängstigte Menschen rannten auf der Promenade des Anglais um ihr Leben. Auf dem Asphalt lagen Leichen, Verletzte bluteten oder hatten zerschmetterte Gliedmaßen. Ciotti sprach von einer „Horrorszene“.

Mindestens ein Dutzend Einschusslöcher

Ein Einwohner Nizzas, Wassim Bouhiel, sagte der Nachrichtenagentur AP, er habe einen Lkw in die Menge pflügen sehen. „Da war ein Blutbad auf der Straße, überall Leichen“, sagte er. Der Fahrer sei schließlich ausgestiegen und habe mit einer Schusswaffe um sich gefeuert.

Der Journalist Damien Allemand beschrieb die Lastwagen-Attacke in einem Online-Beitrag. Gegen Ende des Feuerwerks habe es plötzlich Getümmel und Schreie gegeben. „Einen Bruchteil einer Sekunde später kam ein riesiger weißer Lastwagen mit einer verrückten Geschwindigkeit und durchdrehenden Reifen, um so viele Menschen wie möglich niederzumähen“, schrieb er. „Ich sah entlang seiner Route Körper wie Kegel umherfliegen. Hörte Lärm, Schreie, die ich nie vergessen werde.“

Auf Fotos vom Tatort war ein Lastwagen mit mindestens einem Dutzend Einschusslöchern zu sehen. Estrosi sagte dem Sender BFM, der Lkw sei mit Waffen und Handgranaten beladen gewesen. Der Fahrer habe laut der Polizei auf die Menge gefeuert, ehe er von Beamten erschossen worden sei.

Wer hinter der Tat steckte, war zunächst unklar. Seit Anfang 2015 war das Land jedoch von zwei Terrorwellen mit 147 Toten erschüttert worden, die auf das Konto dschihadistischer Gruppen gingen.