Mario Gomez beendet seine Nationalmannschaftskarriere, noch ehe ihn irgendjemand dazu aufgefordert hätte. Nicht nur das zeigt: Der 33-Jährige ist eine große Persönlichkeit.

Stuttgart - Mario Gomez verlässt die deutsche Nationalmannschaft genau so, wie man es von ihm erwarten konnte: als Gentleman. Es sei „an der Zeit, Platz zu machen“, er wolle „den vielen jungen und hochtalentierten Jungs die Möglichkeit geben, ihren Traum zu erfüllen“, das hat er bei Facebook mitgeteilt und kein großes Aufheben um sich gemacht.

 

Es ist ein ebenso stilvoller wie konsequenter Schritt, noch ehe irgendjemand auf die Idee kam, in zum Rücktritt aufzufordern. Und damit ein würdevoller Abgang, den man gerne auch dem Bundestrainer Joachim Löw ans Herz gelegt hätte. Nicht zu reden von Mesut Özil, der die denkbar brachialste Weise wählte, um Lebewohl zu sagen.

Sein Fehlschuss gegen Österreich hat Mario Gomez jahrelang verfolgt

Mario Gomez geht im Frieden, obwohl auch er in seinen elf Jahren im DFB-Trikot die Schattenseiten des Fußballs kennenlernen musste. Als neuer Wunderstürmer, als künftiger Weltstar galt er ganz am Anfang – und fiel tief, als er bei der EM 2008 im Spiel gegen Österreich das leere Tor nicht traf. Nichts war anschließend mehr wie davor, sein Blackout verfolgte ihn jahrelang. Noch nie hat ein deutscher Nationalstürmer für einen Fehlschuss derart teuer bezahlen müssen.

Gomez wurde von den eigenen Fans ausgepfiffen und vom TV-Experten Mehmet Scholl auf üble Weise verhöhnt. Zum Aufschrei hätte es viele Gründe gegeben. Doch hat er die Demütigungen still ertragen und nie aufgegeben. Auch nicht, als er zuschauen musste, wie sich die Kollegen 2014 in Brasilien den großen Traum vom WM-Titel erfüllten. Seine Zeit schien abgelaufen.

Mario Gomez hat sich immer in den Dienst der Mannschaft gestellt

Gomez kämpfte sich zurück, bei der EM 2016 stand er trotz aller Bedenken seiner Kritiker wieder im deutschen Kader, genau wie bei der jüngsten WM in Russland. Man konnte spüren, wie viel es ihm bedeutete, das Nationaltrikot zu tragen. Er war weit davon entfernt, irgendwelche Ansprüche zu stellen, er stellte sich jederzeit in den Dienst der Mannschaft. Zwar hat das Tor auch er nicht getroffen – doch wäre die WM kaum zum Desaster geworden, hätten mehr deutsche Spieler seine Einstellung gehabt. So aber blieb Gomez das Happy End beim DFB verwehrt.

Es ändert nichts daran, dass die Nationalmannschaft einen großen Stürmer und eine noch größere Persönlichkeit verliert. Er fühle sich auch mit 33 noch topfit, schreibt Gomez auf Facebook an die VfB-Fans, „das heißt, Ihr habt mich noch ein paar Jahre an der Backe“. Es dürfte sich in Stuttgart keiner finden lassen, der sich darüber nicht freuen würde.