Zum Streit in den Gremien des VfB Stuttgart hat sich nun die organisierte Fanszene ausführlich zu Wort gemeldet. Mit einer klaren Forderung an das Präsidium des VfB e. V.

Sport: Dirk Preiß (dip)

Die Forderung lässt keinen Raum für Spekulationen oder Zwischentöne. „Wir fordern: einen sofortigen Rücktritt des gesamten Präsidiums des e. V., namentlich Präsident Claus Vogt, Vizepräsident Rainer Adrion und Präsidiumsmitglied Christian Riethmüller.“ So steht es in einem ausführlichen Statement, das die Cannstatter Kurve, also die organisierte Fanszene des VfB Stuttgart (nicht nur die Ultra-Gruppierungen), nun veröffentlicht hat. Damit erreicht der Streit innerhalb des Fußball-Bundesligisten eine neue Ebene.

 

Ausgangspunkt des Konflikts ist die Abwahl von Claus Vogt als Vorsitzender des Aufsichtsrats der VfB Stuttgart AG. Diese geschah vor fast zwei Wochen – gegen den Willen des Präsidenten des Vereins. Vorausgegangen waren gehörige Zweifel an der Eignung Vogts für das erste Amt im Kontrollorgan und ein Vertrauensverlust einer Mehrheit der übrigen Aufsichtsratsmitglieder. Zur Vorsitzenden wurde Tanja Gönner, bisher ein vom Verein entsandtes Aufsichtsratsmitglied, gewählt. Sie sieht sich aber als Übergangslösung, bis wieder ein gewähltes Präsidiumsmitglied des Clubs übernimmt.

„Durch den Verkauf und Verrat der Mitgliederrechte ist die Vertrauensbasis endgültig komplett zerstört“, schreiben die Vertreter der Kurve nun und fordern auch: „Eine sofortige Rückgabe des Aufsichtsratsvorsitzes, zunächst an den vom Vereinsbeirat einzusetzenden Interimspräsidenten, nach der Neuwahl an den neuen Präsidenten des VfB Stuttgart e. V. als Hauptvertreter des größten Anteilseigners der AG.“

Hintergrund ist ein so genanntes Versprechen im Zuge der Ausgliederung im Jahr 2017. Damals wurde zugesagt, der Vereinspräsident werde stets Vorsitzender des Kontrollorgans der AG sein. Nun scheint es, als sei vor allem auf Druck des neuen Investors Porsche diese Trennung herbeigeführt worden. Zum Schaden des Einfluss des Vereins auf die Geschehnisse in der AG.

Ein anderes Präsidiumsmitglied hätte den Vorsitz übernehmen können

Allerdings gilt: Porsche, so benannten es in der vergangenen Woche die Präsidiumsmitglieder Rainer Adrion und Christian Riethmüller, habe vor dem Abschluss des Millionen-Deals zwar erwartet, Vogt gebe den Vorsitz ab. Dieses Ansinnen zielte aber nicht auf das Präsidentenamt an sich, sondern lediglich auf die Person Claus Vogt. Dieser hatte die entsprechende Zusage selbst gemacht, auch das bestätigten Adrion und Riethmüller, stemmte sich zuletzt aber gegen die Umsetzung dieses Plans. Daraufhin kam es zur umstrittenen Abwahl.

Vor dieser war übrigens auch angeboten worden, dass ein anderes Präsidiumsmitglied den Vorsitz im Aufsichtsrat an Vogts Stelle übernimmt. Darauf wurde von Seiten des e. V. aber nicht eingegangen. Das Präsidium des VfB ist sich nämlich selbst uneins.

Die Cannstatter Kurve kritisiert nun auch eben diese Zerstrittenheit, die aus ihrer Sicht dazu führte, dass die Interessen des Vereins gegenüber der Kapitalseite in der AG nicht ausreichend vertreten werden können. „Die komplette Führung des VfB e. V. inklusive des Vereinsbeirats muss sich vorwerfen lassen, dass man aufgrund von ständigem Aufhalten an Kleinigkeiten und persönlichen Eitelkeiten keinen ernst zu nehmenden Ausgleich zu den Kapitalinteressen in der AG geschaffen hat“, heißt es im aktuellen Statement. Das „gesamte Präsidium“ habe es sich nach der Wiederwahl in der aktuellen Struktur „bequem gemacht“. Es sei in all den Jahren – Vogt ist seit Ende 2019 VfB-Präsident – nicht versucht worden, die Struktur zu verbessern. Auch das Versprechen der Einigkeit von Präsidentenamt und Aufsichtsratsvorsitz sei nicht auf eine „solide Basis“ gestellt worden.

Zuletzt wurde immer wieder suggeriert, die Mitglieder des Vereins könnten darüber entscheiden. Der AG-Aufsichtsrat ist hier aber an kein Votum der Mitgliederversammlung gebunden. Dass vor Monaten der ursprüngliche Fanvertreter im Aufsichtsrat (Bertram Sugg) abgesetzt worden war, kritisieren die Fans aus der Cannstatter Kurve zudem.

Bereits beim Auswärtsspiel in Sinsheim am vergangenen Samstag hatten die Fans per Plakat gefordert, man möge „den Fehler korrigieren“ – versehen mit der zeitlichen Einschränkung: „Ihr habt zwei Wochen Zeit.“ Gemeint war: bis zum Heimspiel am nächsten Sonntag gegen den 1. FC Heidenheim. Seitdem wird befürchtet, die Proteste könnten derart ausarten, dass sie auch das Spielgeschehen und somit die Erfolgsaussichten der Mannschaft beeinflussen könnten.

Claus Vogt hat sich seit seiner Abwahl lediglich in einem Statement zwei Tage danach geäußert – dem seine Präsidiumskollegen ausdrücklich nicht zugestimmt hatten. Zur Frage, ob er dem persönlichen Rückzug von Vorsitz des Aufsichtsrats zugestimmt hatte, hat er aber geschwiegen.