Auf dem Gebiet des geplanten regionalen Gewerbeschwerpunkts nördlich von Müllerheim finden geologische Untersuchungen und Vermessungsarbeiten statt. Derweil nimmt die Korntal-Münchinger Verwaltung den zweiten Anlauf für eine Bürgerinfo.
Beim geplanten Ökopark geht es voran. Derzeit laufen auf dem Gebiet des regionalen Gewerbeschwerpunkts nördlich von Müllerheim geologische Untersuchungen und Vermessungsarbeiten, und zwar in den Gewannen „Im vorderen Schluttenbach“, „Im Knöbel“, „Hinter den Seiten“ und „Rauschenbelz“. Die Arbeiten sind laut der Korntal-Münchinger Stadtverwaltung nötig, um den Untergrundaufbau zu erkunden und die Baugrundverhältnisse zu beurteilen. Bohrungen würden Informationen über die Tragfähigkeit, Standfestigkeit und den Grundwasserstand liefern. Das Ziel ist, „wichtige Hinweise für mögliche Baumaßnahmen und zum Beispiel die Baugrubengestaltung“ zu bekommen. Im Oktober sollen die Ergebnisse vorliegen.
Für die Arbeiten verantwortlich zeichnet das Freiburger Büro Frey Architekten. Dessen Geschäftsführer Wolfgang Frey führt seit mehr als einem Jahr Gespräche mit Grundstückseigentümern. Denn nur mit den geeigneten Flächen lässt sich umsetzen, was ihm und der Stadt Korntal-Münchingen vorschwebt. Der bis zu 30 Hektar große Ökopark werde ein Vorbild sein für nachhaltige, ökologische Quartierentwicklung, sagte Wolfgang Frey damals im Interview mit unserer Zeitung. „So umgesetzt, wird er international ein unglaublich starkes Statement setzen. In dieser Konsequenz wäre das weltweit einzigartig.“ Der Bürgermeister Joachim Wolf (parteilos) spricht von einem „Gewerbepark mit Modellcharakter“, einem „Leuchtturmprojekt“ im Hinblick auf Nachhaltigkeit. Im Fokus stehen Ökologie, Mobilität, Energie, soziale Einbindung und Vernetzung.
Verwaltung berichtet von weiteren Fortschritten
Der Gemeinderat hatte entschieden, eine Grundstücksgesellschaft zu gründen, die die Verfügbarkeit der Flächen auslotet und Verträge schließt; die Terra GmbH. Auch das übernimmt das Büro Frey Architekten. Über dem aktuellen Stand liegt offiziell ein Mantel des Schweigens. Die Rathaussprecherin Angela Hammer teilt nur so viel mit: Die Terra GmbH habe die Bemühungen zur Sicherung der erforderlichen Grundstücke seit Anfang des Jahres fortgeführt. „Abgeschlossen sind die Verhandlungen aber noch nicht in allen Fällen.“ Aktuell könne keine belastbare Aussage zum weiteren Zeitplan getroffen werden.
Weil sich die Grundstücksverhandlungen zäher gestalteten als gedacht, stoppte die Stadt Ende Januar das Projekt und cancelte außerdem den zum Vorhaben geplanten Bürgerdialog im Februar. Laut der Rathaussprecherin laufen derzeit die Planungen für einen „Infomarkt für die Bürgerschaft“. Er findet statt, „sobald die Verfügbarkeit der benötigten Flächen hinreichend gesichert ist“. Ziel sei „maximale Transparenz und Beteiligung der Bürgerschaft“ am Projekt. Die Ergebnisse aus der Infoveranstaltung würden in die weiteren Beratungen des Themas im Gemeinderat einfließen.
Kiwitt: Adressen für hochwertige Ansprüche nötig
Der Verband Region Stuttgart (VRS) stuft die Entwicklung des regionalen Gewerbeschwerpunkts nördlich der Anschlussstelle A 81/B 10 als „sehr wichtig“ ein. In der gesamten Region seien so gut wie keine größeren baureifen Flächen für Gewerbegebiete verfügbar, begründet dies Thomas Kiwitt, der leitende technische Direktor. Im Kern der Region sei maßgeblich, dass eine Begleitung des Strukturwandels in der Automobilindustrie durch entsprechende Flächenangebote erforderlich sei. Die Pläne Korntal-Münchingens findet er „durchaus sinnvoll“. Die Region sei ein außerordentlich attraktiver und auch teurer Wirtschaftsstandort, gibt er zu bedenken. „Dass hier Adressen entstehen, die auch hochwertigen Ansprüchen genügen, ist vor diesem Hintergrund wichtig.“
Unternehmen wollen nachhaltig sein
Zudem zeige sich immer mehr, dass auch Unternehmen mit ihren Investitionen Nachhaltigkeitskriterien genügen wollen – das heiße, die mit den Baumaßnahmen zwangsläufig verbundenen Eingriffe möglichst gering halten beziehungsweise entsprechend kompensieren möchten und auch den Betrieb zum Beispiel besonders energieeffizient abwickeln wollen. „Für eine Region mit zahlreichen Konflikten etwa zwischen Freiraumnutzung und Siedlungserweiterung und natürlich auch einem entsprechend hohen Energiebedarf ist das ein zielführender Ansatz“, sagt Thomas Kiwitt weiter zum geplanten nachhaltigen Gewerbegebiet.
Der VRS-Planer ist überzeugt davon, dass sich auch ein so ehrgeiziges Projekt wie der Ökopark umsetzen lässt. Schließlich sei die Region einer der innovativsten und erfolgreichsten Wirtschaftsstandorte auch im europäischen Vergleich. Zwar erweise sich bereits die Entwicklung konventioneller Vorhaben mitunter als komplexes Unterfangen, jedoch habe die Kommune schon bei anderen Vorhaben gezeigt, dass sie auch große Herausforderungen erfolgreich bewältigen könne. Thomas Kiwitt formuliert es so: „In der Champions-League zu spielen, erfordert Professionalität und auch etwas Mut – in Korntal-Münchingen findet man beides.“
Auch in Schwieberdingen ist der Grunderwerb die große Herausforderung
Der Macher
Wolfgang Frey, Jahrgang 1960, ist Architekt, Stadtplaner und Visionär für die ganzheitliche Nachhaltigkeit, die umweltfreundliche und gesellschaftsorientierte Ideen vereint. Von 1981 bis 1987 studiert er Architektur in Berlin. Danach übernimmt er das Architekturbüro Frey seines Vaters. Das 1959 gegründete Büro hat sich dem nachhaltigen Bauen und der ganzheitlichen Stadtentwicklung verpflichtet und schon 1972 in eigenen Modellprojekten erste Solaranlagen realisiert. 1998 baut Frey sein erstes Passivhaus, wobei er ausschließlich regenerative Materialien nutzt. Heute ist die Frey-Gruppe als Investor, Projektentwickler, Immobilienverwalter und Architekturbüro international tätig.
Der Nachbar Schwieberdingen plant nahe des Bosch-Standorts ein interkommunales Gewerbegebiet von 23 Hektar – im Verbund mit Hemmingen, Markgröningen und Ditzingen. Auch bei diesem Vorhaben ist der Grunderwerb die große Herausforderung, der viel Zeit in Anspruch nimmt. „Die intensiven Gespräche mit den mehr als 100 Eigentümern und Erbengemeinschaften werden weiterhin mit hoher Priorität durchgeführt“, sagt Schwieberdingens Bürgermeister Nico Lauxmann (CDU). Eine Vielzahl von Sachverhalten wie Preisvorstellungen und steuerrechtliche Vorgaben seien Themen der Verhandlungen. Über den aktuellen Stand erfährt „in Kürze“ der Gemeinderat, der dann auch den weiteren Weg festlegt. „Ob der regionale Gewerbeschwerpunkt realisiert werden kann – was weiterhin die Zielsetzung des interkommunalen Verbundes ist – ist abhängig von den notwendigen Einigungen bezüglich eines Eigentumserwerbs“, so Lauxmann.