Hochhäuser, Fußgängerzonen, innovative Mobilitätsideen und vor allem viel Grün – was vergangene Bundesgartenschauen in baden-württembergischen Großstädten hinterlassen haben.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Sechsmal ist die Bundesgartenschau schon in Baden-Württemberg zu Gast gewesen, allein dreimal in Stuttgart. Dabei hat sie keineswegs nur Grün hinterlassen, sondern auch jede Menge Beton. Bisweilen veränderte sie ganze Stadtstrukturen, mancher glaubt sogar, sie beeinflusse die Mentalität der Bevölkerung. Kurz vor Beginn der Buga in Mannheim schauen wir in die bisherigen Ausrichterstädte im Südwesten.

 

Heilbronn 2019, 40 Hektar, 2,3 Millionen Besucher

Für das Zwischenland war es das schon wieder. Keine vier Jahre nach dem Ende der Heilbronner Buga wird auf Teilen des damaligen Geländes längst weiter gebaut. Doch natürlich ist es nicht so, dass alle blühenden Errungenschaften des Jahres 2019, als die Buga hier erstmals gastierte, abgeräumt werden. Auch zwei Seen – entstanden an der Stelle zugeschütteter Hafenbecken – bleiben erhalten und werden zusammen mit viel Grün den künftigen Neckarbogen prägen.

Früher war das Buga-Gelände hinter dem Hauptbahnhof eine große Brachfläche mit Gleisen, leer stehenden Werkstätten und Schrottplatz. Jetzt wächst dort das neue Stadtquartier, in dem einmal bis zu 5000 Menschen wohnen, arbeiten und zur Schule gehen sollen. Einen ersten Vorgeschmack gab es schon während der Buga mit einer Stadtausstellung, die Heilbronn zur ersten bewohnten Gartenschau machte.

Heilbronn ist eine Stadt im Aufbruch, die Buga kam zur rechten Zeit. Die ganze Selbstwahrnehmung habe sich verändert, sagt Suse Bucher-Pinell, damals Buga-Sprecherin, heute in gleicher Funktion im Heilbronner Rathaus. „Es ist Bürgerstolz entstanden.“ Die einst graue Großstadt wurde bunt, auch diesen Sommer zieht sich ein florales Band durch die Innenstadt. Vielleicht kommt ja auch dieses spezielle „Buga-Feeling“ zurück, wenn endlich wieder Veranstaltungen stattfinden können. „Die Pandemie hat das leider etwas unterbrochen“, sagt Bucher-Pinell.

Stuttgart 1993, 100 Hektar, 7,3 Millionen Besucher

Die Landeshauptstadt ist Rekordveranstalter in Baden-Württemberg. Dreimal gastierte die Schau in Stuttgart, zuletzt 1993 in Gestalt einer Internationalen Gartenschau. Eine bloße Blümchenschau sei sie aber schon bei der ersten Auflage 1961 nicht gewesen, sagt Hermann-Lambert Oediger, Leiter der Abteilung Stadtentwicklung in Stuttgart. Damals wurden der Obere und Mittlere Schlosspark und der Höhenpark Killesberg komplett umgestaltet. 1977 folgte der Untere Schlossgarten, 1993 zusätzlich der Rosensteinpark und der Leibfriedsche Garten.

Damals entstand das Grüne U als durchgehende Fuß- und Radwegverbindung vom Schlosspark bis zum Killesberg. „Das war ein gewaltiger Schritt für den Radverkehr in der Stadt“, sagt Oediger. Allerdings war schon 1961 eine erste Radbrücke als Verbindung zwischen Oberem und Mittlerem Schlosspark in Betrieb gegangen. Weitere Brücken folgten, und auch der Schwanenbergtunnel ist eine Buga-Errungenschaft. Erst als die Bundesstraße in den Untergrund verschwand, erhielt der Stuttgarter Osten einen Zugang zu den Parkanlagen.

Auch sonst gelang es, Stadtviertel miteinander zu verbinden, die bis dahin – durch große Straßen getrennt – in keinerlei Beziehung zueinander gestanden hätten. „Die Programmatik ging immer über das einjährige Ereignis einer Buga hinaus“, sagt Oediger. Was die Gartenschauen so wertvoll mache, gehe übrigens über die zusätzlich fließenden Investitionsmittel hinaus. Da sei zum einen der Ehrgeiz aller, etwas Qualitätvolles zu schaffen. Zum anderen „hilft natürlich auch das Datum“. Zur Eröffnung muss alles vorzeigbar sein.

Mannheim 1975, 68 Hektar, 8,1 Millionen Besucher

Dass die am Freitag startende Buga in Mannheim große Vorfreude auslöst, liegt auch an 1975. „Viele Mannheimer haben die Buga damals als Kinder erlebt und denken gerne daran zurück“, sagt Harald Stockert vom Marchivum, dem Archiv der Stadt Mannheim. Von dem Ärger und den Vorbehalten, die es auch damals im Vorfeld gegeben hatte – zweimal lehnte der Gemeinderat eine Bewerbung ab –, wissen sie nichts mehr. Stattdessen erinnern sie sich an viele neue Spielplätze und die immer noch zweiterfolgreichste Veranstaltung in der Geschichte der Bundesgartenschauen. Nur nach München kamen 1983 mehr Gäste.

Auch ins Stadtbild habe sich die Buga tief eingeprägt, sagt Stockert. Mannheim mauserte sich zu einer richtigen Großstadt, am nördlichen Neckarufer entstanden riesige und heute durchaus umstrittene Wohnblöcke, hinzu kam das Collinicenter, der Hauptbahnhof erhielt eine neue Silhouette, der Mannheimer Fernsehturm wurde zum Wahrzeichen der Stadt. Auch für die Eröffnung der Mannheimer Fußgängerzone gab die Buga den Anstoß.

Eine der Hauptattraktionen, der Aerobus, der die Ausstellungsgelände Luisenpark und den Herzogenriedpark verband, überlebte allerdings nicht. Dabei war die elektrische Hängebahn durchaus innovativ, wenngleich der damalige Oberbürgermeister Ludwig Ratzel bei einer Probefahrt stecken blieb und mit der Drehleiter gerettet werden musste. Eine schwebende Verbindung gibt es auch diesmal. Eine Seilbahn bringt die Besucher vom Luisenpark zum Spinellipark. Das ehemalige Kasernengelände dient 2023 als zweiter Veranstaltungsort.

Karlsruhe 1967, 90 Hektar, 6,3 Millionen Besucher

Auch in Karlsruhe war ein Fortbewegungsmittel der Publikumsmagnet. Anders als in Mannheim schippern die Gondolettas mehr als 50 Jahre später aber immer noch an einem Seilzug durch den See auf dem damals neu gestalteten Schlossgarten und erfreuen sich großer Beliebtheit.

Heute sind der Schloss- und der angrenzende Stadtgarten beliebter Treffpunkt vor allem für Studierende. Ehe es so weit war, gab es aber viel zu tun. Das Land Baden-Württemberg habe den Park des einstigen Großherzogs zu einem Wald verkommen lassen, erinnert sich Robert Mürb. Der Gartenbauprofessor und Ehrenpräsident der Badner-Vereinigung ist heute 90 Jahre alt. Als er damals als künstlerischer und technischer Leiter an die Vorbereitung der Karlsruher Buga ging, war er keine 30. „Wir mussten den Park erst einmal vom Dickicht befreien.“ Eine Straße, die das Gebiet zerschnitt, wurde entfernt. Der Schlossplatz, der zum Parkplatz verkommen war, wurde von Autos befreit.

Der OB war damals so begeistert, dass er gleich die nächste Gartenschau veranstalten wollte. Doch der Gemeinderat lehnte ab. Dafür erhielt die Stadt wieder ein eigenständiges Gartenbauamt – Leiter wurde Mürb. Und ein wenig war die Karlsruher Buga Pate für die Landesgartenschauen. Seit 1980 lässt sie auch in kleineren Städten Blumen sprechen.