Mit Begeisterung hat das Publikum am Montagabend die Saisoneröffnung der Wiener Staatsoper gefeiert. Auf dem Programm stand zwar eine alte Puccini-Inszenierung, aber musikalisch hat der Abend geglänzt.

Wien - Mit viel Applaus, „Bravo“- und „Brava“-Rufen hat die Wiener Staatsoper am Montagabend vor mehr als 1000 Besuchern ihre Saison eröffnet. Vor allem die litauische Sopranistin Asmik Grigorian löste mit ihrer Darbietung der Cio-Cio San in Giacomo Puccinis „Madama Butterfly“, der ersten Premiere unter dem neuen Opernchef Bogdan Roscic, Begeisterungswellen aus - das Publikum applaudierte wohl auch dem Revival des Opernlebens in der österreichischen Hauptstadt nach sechs Monaten Corona-Krise.

 

Hatte die Staatsoper im Vorfeld noch geraten, mit Blick auf eine mögliche Virusübertragung im Raum auf „Buhs“ und „Bravos“ zu verzichten, setzte sich das Publikum schon zu Beginn des zweiten Akts darüber hinweg, als Grigorian mit der Arie „Un bel dì vedremo“ spontane Entzückung auslöste. Der Schweizer Dirigent Philippe Jordan, der als Musikdirektor seine erste Saison am Haus antritt, wechselte zwischen Pathos und subtilen Momenten, gestützt von den in markanten Farben perfekt durchkomponierten Bildern auf der Bühne.

Keine künstlerischen Abstriche wegen des Corona-Virus

Inszeniert hatte die Fassung der 2008 verstorbene Hollywood-Regisseur Anthony Minghella („Der englische Patient“, „Der talentierte Mr Ripley“) gemeinsam mit seiner Frau Carolyn Choa, die auch an der Staatsoper die Regie übernahm. Staatsopernchef Roscic betonte vor der Premiere, man habe bei der Oper nicht den geringsten Abstrich gemacht – weder inhaltlich noch musikalisch. „Man kann einem Virus, das den Namen eines faden mexikanischen Bieres trägt, nicht die Genugtuung geben, dass man ein Werk Puccinis deswegen verändert“, sagte er dem ORF.

Wegen des Mindestabstands blieben viele Sitzplätze leer, voll wirkte das Haus dennoch. Die Staatsoper hatte mit rund 1100 Besuchern am Montagabend gerechnet, normalerweise verfügt das Haus über gut 1700 Sitzplätze und mehr als 550 Stehplätze. Auf den nur mit personalisierten Tickets buchbaren Sitzplätzen durfte die sonst im Haus obligatorische Maske abgenommen werden – was der Großteil des Publikums auch machte.

Roscic, dem der langjährige Chefdramaturg der Staatsoper Stuttgart, Sergio Morabito, zur Seite steht, plant, das Repertoire des altehrwürdigen Hauses mit international bedeutenden Produktionen zu entstauben. Auch im Zuschauerraum wehte zumindest visuell nun ein anderer Wind: Begrüßt wurden die Operngäste vom neu gestalteten Eisernen Vorhang, den ein kolonialismuskritisches Stillleben der US-Künstlerin Carrie Mae Weems ziert.