Überall, wo die Wohnwagen von „Kuckoo“ aus Löchgau vorrollen, ernten sie bewundernde Blicke. Die Nachfrage kann die junge Firma kaum bedienen, der Erfolg hat mehrere Gründe.
Löchgau - Wohnwagen sind sperrig, schwer zu handeln und stehen die meiste Zeit eigentlich auf extra gemieteten Stellplätzen herum – denn in einer Garage finden sie kaum Platz. Bruno schon. Bruno ist ein Mini-Wohnwagen.
Das kleine Zuhause auf Rädern – 4,45 Meter lang, 1,85 hoch und 1,94 breit – passt unter jeden Carport und in jede genormte Garage. Mit maximal 750 Kilo Gesamtgewicht braucht es auch keine vor Pferdestärken strotzende Zugmaschine, um den Hänger fortzubewegen – er lässt sich problemlos an jedes Auto koppeln. Der Fahrer braucht für das Leichtgewicht nicht einmal einen speziellen Führerschein und vor Eng- und Baustellen auch keine Angst mehr zu haben.
Werbefachmänner bauen jetzt Wohnwägen
Was sich so toll anhört, hat allerdings einen stolzen Preis. Für mindestens 16 930 Euro gibt es auch schon ausgewachsene Wohnwagen mit allem möglichen Schnickschnack. Bruno hat zwar alles, was es braucht an Bord: eine Matratze, die sich zur Sitzbank falten lässt, einen seitlich ausfahrbaren Campingkocher, Ablagen und Staufächer, eine Dachluke und eine Zwölf-Volt-Batterie. Insgesamt kommt er im Vergleich zur üblichen „Weißware“ aber eher schlicht daher. In ihm kann man zwar liegen, sitzen wird aber schwierig. Zumindest auf Dauer.
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Für Peter Schneewolf spielt das keine Rolle. Denn für Luxus-Camper sei der schnittige Einachser eher nichts, für Wohnwagenfahrer, die pingelig ihren Teppich vor dem mobilen Zuhause von Staubkörnchen befreien, schon gar nicht. Bruno braucht keine Fünf-Sterne-Parzelle, ihm reicht auch eine Wiese. Und es gebe eben viele, die die Zeit beim Campen lieber im Freien verbringen würden, „aber ein kuscheliges Refugium zu schätzen wissen“, sagt Schneewolf. Er ist einer von drei Chefs der Firma Kuckoo aus Löchgau(Kreis Ludwigsburg), die den Camper baut. Und das noch gar nicht lange. Schneewolf war zwar schon länger passionierter Draußen-Urlauber, hatte bis vor gut zwei Jahren mit dem Bau von Wohnwagen aber nichts am Hut.
Keine Werbung, riesige Nachfrage
Bis Dani Blum, eigentlich Kunde von Schneewolfs Werbemittelfirma, kam. Mit seinem alten VW T3 und den Kindern in den Urlaub zu fahren, war Blum zu eng und auch ein bisschen zu nervenaufreibend geworden. Er brauchte Platz. In Handarbeit baute er den Prototypen, Schneewolf sah die Bilder und war begeistert. „Ich hatte Lust, das professioneller auf einer Fräse auszuprobieren.“ Mühsame Plackerei mit der Stichsäge blieb Blum fortan erspart. Auch Schneewolfs Geschäftspartner Markus Gärtner hatte nichts dagegen ein paar mehr Mini-Wohnwagen zu bauen und zu schauen, ob die Idee funktioniert. Das hat sie.
Aus den geplanten zehn Wagen sind mittlerweile um die 60 geworden. Kuckoo hat sechs Mitarbeiter. „Dabei haben wir nicht einmal Werbung gemacht“, sagt der Werbefachmann Schneewolf. Die Auftragsbücher sind dank eigener und zahlreicher Bilder von Bewunderern auf Social Media und wenigen Auftritten auf Fachmessen voll. Corona sowie der Trend, weniger weit und unabhängig von Beschränkungen im Hotel- und Gastgewerbe reisen zu können, taten ein übriges. Anfragen kommen inzwischen von Outdoor-Fans weltweit.
Der Kuckuck für Freiheit, der Kokon für die Geborgenheit
Der Erfolg im Netz kommt nicht von ungefähr. Denn beim Namen haben sich Schneewolf, Blum und Gärtner – ganz die Werber, die sie sind – etwas einfallen lassen. „Bruno“ wählten sie, weil sie damit ohne das Label „made in Germany“ zu betonen, suggerieren konnten, dass es sich um ein Produkt aus Deutschland handelt. „Und beim Firmennamen brauchten wir etwas, das es noch nicht auf Google gibt“, sagt Blum. Gleichzeitig ist die Wortkreation eine Mischung aus Kuckuck, dem Vogel, der für Freiheit steht, und Kokon, einer heimeligen, geschützten Hülle. Diesem Prädikat wird der Wohnwagen aus Löchgau gerecht, weil er aus unbehandeltem Birkenholz gefräst ist.
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Der Rohstoff kommt aus Europa, für jeden verkauften Camper werden fünf Bäume gepflanzt – zumindest verspricht Peter Schneewolf das. Ganz ohne „böse Materialien“ kommt das Gefährt aber nicht aus. Die Kanten sind mit Glasfaser verstärkt, die Flächen mit Epoxidharz behandelt und PU-beschichtet. „Wir sind da nachhaltig, wo es Sinn macht“, sagt Schneewolf. Und dass es nach einer Weile in den Camper tropft, möchte ja keiner. Gebaut werden die Wagen derzeit in Nürnberg, Hamburg und der Schweiz – und künftig mit weiteren Partnern möglichst nah beim Kunden. Das hat logistische Gründe und hilft der Umwelt.
Ein Wohnwagen, den ein E-Auto ziehen kann
Alles ausgereizt haben die drei Wohnwagenfreunde übrigens noch nicht. Momentan tüfteln sie an „Emma“, Brunos kleiner Schwester. Die soll noch einmal deutlich leichter werden. Emma könnte auch ein E-Auto ziehen. Vermutlich keine schlechte Idee für die Zukunft, wenn die Verbrenner nach und nach verschwinden sollen.