Der Ex-Bundesführer einer verbotenen rechtsextremen Gruppe ist nun als Berater der Alternative für Deutschland im baden-württembergischen Landtag tätig.

Stuttgart - Die AfD setzt im Landtag weiterhin auf Personal vom rechten Rand. Dazu gehört auch ein ehemals hochrangiger Funktionär des 2009 verbotenen Neonazi-Vereins „Heimattreue Deutsche Jugend“ (HDJ). Die AfD-Fraktion beschäftigt ihn als Parlamentarischen Berater für den Untersuchungsausschuss zur Zulagenaffäre an der Ludwigsburger Beamtenhochschule.

 

Der 37-jährige Rechtsanwalt Laurens N. war früher „zweiter Bundesführer“ der HDJ. Das geht aus Vereinsunterlagen hervor, die unserer Zeitung vorliegen. Demnach übernahm N. im Jahr 2002 sogar kommissarisch die Leitung des rechtsextremen Jugendverbandes. Auch als NPD-Aktivist fiel er den Behörden auf. Für Hans-Ulrich Sckerl, Innenpolitik-Experte der Grünen im Landtag, ist die Personalie „weder eine Überraschung, noch ein Einzelfall“: „Mal bieder – und sehr gerne auch braun: Die AfD beschäftigt Personen mit ganz unterschiedlichen Politbiografien und ist dabei wenig zimperlich.“ Auf Bundes- wie auf Landesebene fänden sich Mitarbeiter aus dem Rechtsaußen- und rechtsextremistischen Lager. Sckerl: „Die AfD deckt auch in Baden-Württemberg nachweislich das ganze rechte Spektrum ab.“

Wie hat sich die AfD seit ihrer Gründung entwickelt? Welche Forderungen hat die Partei? Das sehen Sie in unserem 10-Fakten-Video zur AfD:

Die HDJ versuchte über Jahre hinweg, Nachwuchs an die rechtsextreme Szene zu binden

Die HDJ versuchte über Jahre hinweg, mit Jugendlagern, Sport und Schulungen den Nachwuchs auf Kurs zu bringen und an die rechtsextreme Szene zu binden. In Uniformen und mit Trommeln marschierte die völkische Kadergruppe auf. Auch militärische Ausbildungsunterlagen über das „Wesen der soldatischen Erziehung“ kamen zum Einsatz. Die Vorbilder waren klar: stolz überreichte der heutige AfD-Mitarbeiter Laurens N. im Jahr 2003 der ehemaligen Gau-Unterführerin des „Bundes Deutscher Mädel“ Lisbeth Grolitsch die „goldene Ehrennadel“ der HDJ. In einem mit „Laurens“ unterzeichneten Bericht im HDJ-Blatt „Funkenflug“ hieß es damals, die überzeugte Nationalsozialistin habe sich „ungemein“ gefreut, dass die HDJ heute „noch den gleichen Idealen verpflichtet“ Jugendarbeit leiste. Und weiter: „Umso mehr müssen wir Jungen danach trachten, in Schule, Ausbildung, Studium und Beruf mit Ehrgeiz und Ausdauer entscheidende Positionen zu besetzen.“ Eine Haltung, mit der sich N. in der Heimat-Jugend gut aufgehoben fühlte.

Innenminister hat die HDJ im März 2009 verboten

Im November 2008 schied er trotzdem aus dem Vereinsvorstand aus. Einen Monat zuvor hatte die Polizei bundesweit Durchsuchungen und Beschlagnahmungen gegen den Verein durchgeführt. Die lieferten dem damaligen Innenminister Wolfgang Schäuble genug Material, um die HDJ im März 2009 zu verbieten. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte im September 2010 die Rechtmäßigkeit des Verbotes: der Verein weise eine „Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus, insbesondere mit der früheren Hitlerjugend“ auf, so die Juristen. Die Bekenntnisse des braunen Vereins zur gemeinnützigen Jugendarbeit und dem Grundgesetz seien „bloße Fassade“.

Wie die AfD zur Vergangenheit ihres Mitarbeiters steht, ist unklar. Eine Anfrage unserer Zeitung ließ die Landtagsfraktion unbeantwortet. Klare Worte findet hingegen der Grüne Sckerl: „Die AfD hat, wie sie selbst eingesteht, Schwierigkeiten bei der Rekrutierung von Personal für ihre Fraktionen. Aber nicht nur deshalb hat die AfD keine Skrupel, auf ehemalige Neonazikader zurückzugreifen. Menschen wie N. haben die passende Gesinnung – und passen von daher perfekt ins Portfolio einer Partei, der es in keiner Weise um politische Lösungen geht, sondern um die Vergiftung des gesellschaftlichen Klimas.“