Nach dem Eklat im Landtag verhandelt jetzt der Verfassungsgerichtshof die Klage von Stefan Räpple und Wolfgang Gedeon gegen ihren Rauswurf. Der Rechtsvertreter der Landtags hofft, dass das Gericht ein Stoppsignal sendet.

Stuttgart - Die Landtagsabgeordneten Wolfgang Gedeon (fraktionslos) und Stefan Räpple (AfD) haben in der mündlichen Verhandlung des Verfassungsgerichtshofs Baden-Württemberg ihre Vorwürfe gegen die Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) bekräftigt. Sie gehen gegen ihren Ausschluss von drei Landtagssitzungen durch Aras vor. Dadurch seien ihre Rechte als Abgeordnete verletzt worden. Die mündliche Verhandlung des Landesverfassungsgerichts diente dazu, die Kernargumente der Beteiligten „prägnant gegenüberzustellen“, wie Malte Graßhof, der Präsident des Verfassungsgerichtshofs, sagte. Die Entscheidung stellte er für den 22. Juli in Aussicht.

 

Ist Kritik an Parlamentspräsidentin erlaubt?

Graßhof zufolge geht es um zwei inhaltliche Kernfragen: Ist Kritik an der Sitzungsführung von Parlamentspräsidenten von vornherein unzulässig und gibt es eine Begründungspflicht für Ordnungsmaßnahmen?

Für Wolfgang Gedeon steht fest, dass man Sitzungspräsidenten kritisieren dürfe. Das Gericht habe abzuwägen zwischen Freiheit und Ordnung. Ordnungsmaßnahmen dürften nur dazu dienen den Ablauf der Parlamentssitzungen zu gewährleisten. Die Ordnung sei zu keinem Zeitpunkt gefährdet gewesen, sagte Gedeon. Also habe Aras in die Freiheit der Abgeordneten eingegriffen. Er verlangte mehr Toleranz gegenüber rechter Argumentation. „Wir brauchen ein lebendigeres Parlament.“ In der Politik müssten alle Beteiligten „Nehmerqualitäten haben“, Empfindlichkeiten seien nicht angebracht. Gedeon sprach von Politik als „Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln“. Sie sei ein „Krieg der Worte“.

Aras im „grünen Trikot“

Stefan Räpple hält die Sanktionen für „absolut unverhältnismäßig“ und bat den Gerichtshof, die Landtagspräsidentin für ihr Verhalten zu rügen. Er sieht den „politischen Kampf“ als einen „Streit der Weltanschauungen“. Beide Abgeordnete machten geltend, durch die Ausschlüsse hätten sie bei diversen Abstimmungen nicht teilnehmen können. Ihr Anwalt Dirk Schmitz betonte, die Präsidentin müsse kritisiert werden dürfen. Aras sei keine unparteiische Landtagspräsidenten. „Sie läuft im grünen Trikot herum.“ Das, so Schmitz, „ist der Kern unserer Kritik und unseres Verdachts.“

Christofer Lenz, der Prozessbevollmächtigte des Landtags, sieht die Landtagspräsidentin dagegen als Schiedsrichterin, die es zu schützen gelte. Die beiden AfD-Politiker hätten an diesem Tag den Eklat gewollt, stellte Lenz fest. Sie waren in der Sitzung vom 12. Dezember 2018 von Aras nach Zwischenrufen verwarnt und des Saales verwiesen worden. Nachdem sie sich geweigert hatten, wurden sie von der Polizei hinausbegleitet.

Jurist sieht Gedeon und Räpple nicht als Opfer

Lenz hielt ihnen vor: „Der Preis war vorher bekannt.“ Wer den Saal nicht verlasse, werde mit drei Tagen Sitzungsverbot belegt. Die beiden Abgeordneten selbst hätten ihr Stimmrecht gering geschätzt. Die Präsidentin habe „alles richtig gemacht“, und „mit Fingerspitzengefühl die Würde und Funktionsfähigkeit des Landtags verteidigt“. Die Antragsteller seien „keine Opfer, sie waren Täter“.

Mit Blick auf den Mord an dem Kassler Regierungspräsidenten Walter Lübcke appellierte Lenz an die Richter: „Wir brauchen ein klares Stoppsignal.“ Die gewaltfreien Mittel seien ausgereizt, da stelle sich die Frage „Was ist der nächste Tabubruch?“. Für Lenz gilt, eine Entscheidung zur Sitzungsleitung müsse vertretbar sein. Eine Begründung sei nicht nötig. Die Präsidentin dürfe wegen einer Entscheidung nicht persönlich angegangen werden. Er warnte: „Wenn Sie die Tür einen Spalt aufmachen, wird ein ganzer Elefant durchgeschoben“. Das nannte Gedeon eine „durch und durch totalitäre Argumentation“.