Das Eisenbahnbundesamt gibt grünes Licht für das Fällen der Bäume im Schlossgarten. Doch für die Bahn wird dafür langsam die Zeit knapp.

Stuttgart - Seit knapp drei Wochen wartet die Deutsche Bahn nun schon darauf, 176 Bäume im Mittleren Schlossgarten versetzen und fällen zu können, um Platz für die anstehenden Tunnelarbeiten für Stuttgart 21 und den Tiefbahnhof zu schaffen. Seit Donnerstag dürfen diese Arbeiten nun in Angriff genommen werden: Das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) hat sein aus artenschutzrechtlichen Gründen verhängtes Fällverbot zurückgenommen und der Bahn „die Zulässigkeit der bauvorbereitenden Maßnahmen bestätigt“.

 

Ursprünglich hatte die Bahn bereits am Mittwoch mit dem Beschluss gerechnet, am Donnerstagnachmittag trafen die knapp 20-seitigen Ausführungen des EBA dann ein. Grund für die Verzögerung war die kurzfristig angeforderte Stellungnahme des Umweltverbandes BUND, der ebenso wie das Regierungspräsidium Stuttgart den Maßnahmenplan der Bahn in mehreren Punkten kritisiert hat und für nicht ausreichend hält. Die EBA-Prüfer sind ihrerseits zu einem anderen Ergebnis gekommen. „Die Unterlagen, die uns vorliegen, zeigen, dass die naturschutzfachlichen Probleme untersucht und bewältigt sind“, erklärte der EBA-Sprecher Moritz Huckebrink auf Anfrage. Die Bahn habe entsprechende Schutzmaßnahmen vorgesehen, die zuständigen Naturschutzbehörden seien wie gefordert eingebunden worden.

Damit ist das Fällverbot, das die Aufsichtsbehörde am 5. Oktober 2010 verbunden mit der Forderung nach einem „Maßnahmenplan zur Vermeidung von Schädigungen des Juchtenkäfers und von Fledermäusen “ verhängt hat, offiziell aufgehoben. Um diesen Schritt rückgängig zu machen, hat der BUND noch am Donnerstagabend einen Eilantrag beim Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Mannheim eingereicht. „Die Aufhebung des Fällverbots ist im Spiegel der artenschutzrechtlichen Verhältnisse im Schlossgarten nicht angebracht“, betont die Landesvorsitzende Brigitte Dahlbender. Der Beschluss sei nicht nachvollziehbar. Der VGH habe in seinem letzten Urteil klargemacht, dass die Baumarbeiten ruhen müssen, bis ein ergänzendes Verfahren für das Grundwasser abgeschlossen ist. Davon seien auch Bäume im Baufeld betroffen.

Bahn hat seit 2005 das Baurecht

Auch in diesem Punkt ist die Bonner Aufsichtsbehörde anderer Meinung. Die anstehenden Fällungen seien nicht Bestandteil der Arbeiten am Grundwassermanagement, für die der VGH eine nachträgliche Beteiligung des BUND angeordnet habe, so EBA-Sprecher Huckebrink. Die Bahn habe in dem betroffenen Abschnitt seit 2005 Baurecht, das schließe die Vorbereitung des Baufelds ein.

Fraglich ist allerdings, ob die Zeit reicht, um alle 176 Bäume bis zum Beginn der Vegetationsperiode am 1. März aus dem betroffenen Bereich zu räumen – zumal die Parkschützer bereits Widerstand angekündigt haben. Zudem hat das EBA in seinem Beschluss Auflagen gemacht, die zu zusätzlichen Verzögerungen führen könnten. So ist etwa zu prüfen, ob Bäume, in denen Fledermäuse überwintern, bis zur nächsten Fällperiode stehen bleiben müssen. Dazu und zu weiteren Details will sich die Bahn erst am Freitag äußern. Am Donnerstag erklärte Projektsprecher Wolfgang Dietrich lediglich: „Wir sind alle froh über die Aufhebung des Fällverbots. Damit können wir die Arbeiten zur Baufeldfreimachung aufnehmen.“

Die Frage ist nun, wie schnell gerodet werden kann – was nicht ohne den Schutz der Polizei geht. Als Polizeipräsident Thomas Züfle vor Weihnachten erfahren hatte, dass es keine Genehmigung gibt, setzte er die Einsatzplanung aus. „Nun ist der Bescheid da, wir können planen“, sagt Polizeisprecher Stefan Keilbach. Die Pläne existieren im Prinzip, denn ursprünglich wollte die Polizei den Schutz des Südflügels und des Baufeldes in einem Einsatz durchziehen. Dafür waren mehrere Tausend Polizisten angefordert worden, auch aus anderen Bundesländern. Nun müssen erneut Kräfte bereitgestellt werden. „Das dauert mehrere Tage“, so Keilbach. Wie lange genau, dazu sagt niemand etwas. Von Züfle war lediglich zu erfahren, dass die immer wieder kolportierten zwei Wochen nicht stimmen.

Schuster will mit den Parkschützern sprechen

„Spätestens wenn der Einsatz für die Baumschutzarbeiten beginnt, müssen die Zeltdorfbewohner den Bereich verlassen“, sagte Keilbach. Am liebsten sei es der Polizei, wenn „dann niemand mehr da ist“, sonst müsste man das Dorf räumen. Der Weg dafür ist frei, nachdem das Verwaltungsgericht Stuttgart am Mittwoch drei Eilanträge abgelehnt und eine Räumung für rechtmäßig erklärt hat. OB Wolfgang Schuster will dabei seinen Teil zu einer friedlichen Lösung beitragen: „Wir werden versuchen, vor Beginn der Arbeiten noch einmal das Gespräch mit den Bewohner der Zeltstadt zu suchen, und sie bitten, das Gelände freiwillig zu räumen“, so Schuster.

Bei der anschließenden Rodung des Baufelds werden 68 der 176 Bäume versetzt, die übrigen teils alten Platanen und Rosskastanien müssen gefällt werden. Wird die Bahn nicht rechtzeitig damit fertig, müssten auch die für Sommer geplanten Tunnelarbeiten ausgesetzt werden – weshalb inzwischen bereits laut über eine Ausnahmegenehmigung nachgedacht wird. Damit könnten auch innerhalb der Vegetationsperiode, die am 1. März beginnt und unter anderem frische Triebe und brütende Vögel schützen soll, Bäume versetzt werden. Zuständige Behörde in diesem Fall wäre erneut das Eisenbahn-Bundesamt.