Die Bundes-Umweltministerin Barbara Hendricks legt Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) einen neuen Vorschlag gegen Schadstoffe in der Luft vor. Dazu äußert sich auch Stuttgarts OB Fritz Kuhn aus der der feinstaubgeplagten Stadt.

Stuttgart. - Im August hatte Bundes-Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) seine Kabinettskollegin Barbara Hendricks (SPD) mit ihrem Vorschlag einer blauen Plakette für besonders schadstoffarme Autos ausgebremst. Nun hat die Bundesumweltministerin nachgelegt. Städten wie Stuttgart oder München, die unter der hohen Stickoxidbelastung stöhnen, soll ein Instrumentenkasten an die Hand gegeben werden, mit dem sie nach Bedarf agieren und vor allem alte Diesel aus bestimmten Gebieten aussperren können.

 

Statt einer blauen soll es zu den bestehenden Farben eine graue und weiße Stickoxid-Plakette geben, zusätzlich die Möglichkeit, wechselweise Fahrverbote für Autos mit geradem und ungeradem Nummernschild auszusprechen. Auch eine strecken- oder gebietsbezogene Vollsperrung für Diesel (das ist die Dobrindt-Idee) wäre möglich.

Regierung von verschiedenen Seiten unter Druck

„Das Verkehrsministerium hat unseren Vorschlag am Freitag erhalten. Wir hoffen, dass er dort gut ankommt, haben aber noch keine Rückmeldung“, sagte Andreas Kübler, Pressesprecher im Ministerium von Hendricks, am Sonntag. Die SPD-Fachfrau sieht sich von mehreren Seiten unter Druck. Die EU-Kommission hat wegen der andauernden Überschreitung der seit 2010 geltenden Stickoxid-Grenzwerte ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Nächster Schritt wäre eine Klage gegen die Bundesrepublik. In rund 80 deutschen Städten sind die Werte für das gesundheitsschädliche Gas zu hoch.

Neben der EU macht die Deutsche Umwelthilfe (DUH) Druck. Sie hat vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf im September ein Urteil erstritten, in dem Fahrverbote für Diesel als zulässig angesehen werden. Nötig wären zwei Schilder: Das für ein Durchfahrtsverbot (roter Kreisring auf weißem Grund) und der Zusatz „nur für Diesel“. Das Verwaltungsgericht Stuttgart will die entsprechende DUH-Klage im Frühjahr 2017 behandeln. Die Düsseldorfer Entscheidung, die dem Dobrindt-Vorschlag gleichkommt, wird vom Bundesverwaltungsgericht in Leipzig überprüft. „Brüssel sagt uns, dass wir ambitioniertere Ziele vorgeben müssen“, sagt Kübler, auch die Konferenz der Landes-Umweltminister fordere Taten. Die graue Plakette sollen Benziner mit der Klassifizierung Euro 1 und 2 sowie Diesel mit Euro 6 erhalten. „Die allermeisten Diesel sind beim Stickoxid gerade so gut wie Benziner aus dem Jahr 1991“, so Kübler. Die weiße Plakette ginge an Diesel, die die Grenzwerte der kommenden Straßentests erfüllen. Grün bliebe für Diesel schlechter als Euro 6 bestehen. Mit den neuen Farben könne eine Stickoxidzone in der bestehenden Umweltzone geschaffen werden.

Bundesrat soll debattieren

„Es ist gut, dass die Blockade des Bundes mit den neuen Vorschlägen aufgebrochen ist, der Bundesrat muss das jetzt debattieren“, sagte ein Sprecher von Landes-Verkehrsminister Winfried Hermann(Grüne) am Sonntag. Der Vorschlag von Dobrindt, alle Diesel auszusperren, „hat uns nicht weiter gebracht“, so der Sprecher.

Stuttgarts OB Fritz Kuhn (Grüne) zeigt sich skeptisch und erklärte am Sonntag, er sei „jetzt erst mal gespannt, ob die Bundesregierung zu einer einheitlichen Auffassung kommt“. Er sieht den Streit zwischen Hendricks und Dobrindt nicht aufgelöst. Der Feinstaubalarm mit dem Aufruf, Autos stehen zu lassen, gilt wegen der Wetterlage bis mindestens einschließlich Mittwoch.