Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Er selbst, so gesteht Sommer kurz vor dem Ende seiner Mitte Mai auslaufenden Amtszeit, hat es in den vergangenen Jahren versäumt, beim DGB organisatorische Strukturen zu schaffen, die deutlich machen: es ist ein Politikbereich. Die Themen würden mal mit der europäischen, mal mit der nationalen Seite bearbeitet – aber eben nicht parallel. Daher hofft der DGB-Vorsitzende auf seinen designierten Nachfolger, der einiges nachzuholen hat: „Da wird Reiner Hoffmann die richtigen Zeichen setzen, weil er wegen seiner Erfahrung als stellvertretender Generalsekretär des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB) weiß, wie es geht“, sagt Sommer.

 

Von 1994 bis Ende 2009 hat Hoffmann in Brüssel an vorderster Front für die Arbeitnehmerseite gearbeitet und musste dabei wohl feststellen, wie schwer eine grenzübergreifende Kooperation zu bewerkstelligen ist. „Wir haben einen sehr großen Koordinations- und Diskussionsbedarf mit den Gewerkschaften in Europa“, stellt Sommer fest. „Das sind keine einfachen Prozesse, weil die Sichtweisen auf Europa und die Welt sehr unterschiedlich sind.“ Gemeint ist beispielsweise die Forderung der Arbeitnehmer in Griechenland, Italien oder Spanien nach bedingungsloser Solidarität – derweil die Skandinavier nicht bereit sind, diese bedingungslose Solidarität zu gewähren. In Osteuropa steht die Gewerkschaftsbewegung bisher noch auf sehr schwachen Beinen. In Frankreich und Italien wiederum präsentiert sie sich nicht nur organisatorisch, sondern auch inhaltlich untereinander zerstritten: Was den Umgang mit der Troika- und Reformpolitik angeht, tun sich tiefe Risse auf.

Jeder kämpft für sich – Branche für Branche

Von politischer Einigkeit sind die europäischen Gewerkschaften – sieht man von Fensterreden auf Kongressen ab – also weit entfernt. Im Gegenteil: Oft sieht man sich als Konkurrenz. Die vornehmlich nationalstaatliche Ausrichtung der deutschen Gewerkschaften bringt da wenig Besserung. Jeder kämpft für sich – Branche für Branche. Tarif- und Betriebspolitik hat bei ihnen klar Vorrang vor der Gesellschaftspolitik. Die übergeordnete Idee der Arbeiterbewegung kommt so nicht zum Tragen.

Nur langsam wird die Dringlichkeit der Zusammenarbeit erkannt: Während der DGB längst ein Verbindungsbüro in Brüssel hat, zieht jetzt die IG Metall mit einer eigenen Dependance nach. Landgraf hat in Brüssel die Erfahrung gemacht, dass die baden-württembergische Wirtschaft dort gut vertreten sei. „Da haben wir ein Stück Nachholbedarf“, sagt er. „Wir müssen politisch klarer wahrgenommen werden.“Auf den Ebenen darunter ist die Verständigung nur punktuell weiter gediehen. So hat der baden-württembergische DGB, angelehnt an die multilaterale Arbeitsgemeinschaft „Vier Motoren für Europa“, zwar Kontakte in die Regionen Katalonien, Lombardei und Rhône-Alpes. Doch gemeinsame Projekte sind rar. Im Herbst könnte es Tagungen bei den Partnern etwa zur jeweils exorbitanten Jugendarbeitslosigkeit geben. Die Detailplanung ist noch offen. DGB-Landesvorsitzender Landgraf reist direkt nach dem Wahltag – vom 26. bis 29. Mai – mit dem Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann samt einer Wirtschafts- und Wissenschaftsdelegation nach Spanien. Im Kern soll es um die jungen Arbeitslosen, die Bildung und den Fachkräftemangel gehen sowie um die Zukunft der Automobilindustrie. Da könnten sich weitere Anknüpfungspunkte ergeben.

Organisatorische Schwachstellen beim DGB

Er selbst, so gesteht Sommer kurz vor dem Ende seiner Mitte Mai auslaufenden Amtszeit, hat es in den vergangenen Jahren versäumt, beim DGB organisatorische Strukturen zu schaffen, die deutlich machen: es ist ein Politikbereich. Die Themen würden mal mit der europäischen, mal mit der nationalen Seite bearbeitet – aber eben nicht parallel. Daher hofft der DGB-Vorsitzende auf seinen designierten Nachfolger, der einiges nachzuholen hat: „Da wird Reiner Hoffmann die richtigen Zeichen setzen, weil er wegen seiner Erfahrung als stellvertretender Generalsekretär des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB) weiß, wie es geht“, sagt Sommer.

Von 1994 bis Ende 2009 hat Hoffmann in Brüssel an vorderster Front für die Arbeitnehmerseite gearbeitet und musste dabei wohl feststellen, wie schwer eine grenzübergreifende Kooperation zu bewerkstelligen ist. „Wir haben einen sehr großen Koordinations- und Diskussionsbedarf mit den Gewerkschaften in Europa“, stellt Sommer fest. „Das sind keine einfachen Prozesse, weil die Sichtweisen auf Europa und die Welt sehr unterschiedlich sind.“ Gemeint ist beispielsweise die Forderung der Arbeitnehmer in Griechenland, Italien oder Spanien nach bedingungsloser Solidarität – derweil die Skandinavier nicht bereit sind, diese bedingungslose Solidarität zu gewähren. In Osteuropa steht die Gewerkschaftsbewegung bisher noch auf sehr schwachen Beinen. In Frankreich und Italien wiederum präsentiert sie sich nicht nur organisatorisch, sondern auch inhaltlich untereinander zerstritten: Was den Umgang mit der Troika- und Reformpolitik angeht, tun sich tiefe Risse auf.

Jeder kämpft für sich – Branche für Branche

Von politischer Einigkeit sind die europäischen Gewerkschaften – sieht man von Fensterreden auf Kongressen ab – also weit entfernt. Im Gegenteil: Oft sieht man sich als Konkurrenz. Die vornehmlich nationalstaatliche Ausrichtung der deutschen Gewerkschaften bringt da wenig Besserung. Jeder kämpft für sich – Branche für Branche. Tarif- und Betriebspolitik hat bei ihnen klar Vorrang vor der Gesellschaftspolitik. Die übergeordnete Idee der Arbeiterbewegung kommt so nicht zum Tragen.

Nur langsam wird die Dringlichkeit der Zusammenarbeit erkannt: Während der DGB längst ein Verbindungsbüro in Brüssel hat, zieht jetzt die IG Metall mit einer eigenen Dependance nach. Landgraf hat in Brüssel die Erfahrung gemacht, dass die baden-württembergische Wirtschaft dort gut vertreten sei. „Da haben wir ein Stück Nachholbedarf“, sagt er. „Wir müssen politisch klarer wahrgenommen werden.“Auf den Ebenen darunter ist die Verständigung nur punktuell weiter gediehen. So hat der baden-württembergische DGB, angelehnt an die multilaterale Arbeitsgemeinschaft „Vier Motoren für Europa“, zwar Kontakte in die Regionen Katalonien, Lombardei und Rhône-Alpes. Doch gemeinsame Projekte sind rar. Im Herbst könnte es Tagungen bei den Partnern etwa zur jeweils exorbitanten Jugendarbeitslosigkeit geben. Die Detailplanung ist noch offen. DGB-Landesvorsitzender Landgraf reist direkt nach dem Wahltag – vom 26. bis 29. Mai – mit dem Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann samt einer Wirtschafts- und Wissenschaftsdelegation nach Spanien. Im Kern soll es um die jungen Arbeitslosen, die Bildung und den Fachkräftemangel gehen sowie um die Zukunft der Automobilindustrie. Da könnten sich weitere Anknüpfungspunkte ergeben.

Einzelkämpferin in Freiburg

Der DGB hilft den Spaniern von Berlin aus, ein Berufsbildungssystem aufzubauen und die Basis für ihre Tarifpolitik zu erneuern, wie Sommer schildert. Er selbst habe schon viel Arbeitszeit dafür aufgewendet, weil ihm die Kollegen im Süden ans Herz gewachsen seien. Am besten klappt das Zusammenwachsen immer dort, wo sich Funktionäre gezielt für Kooperation engagieren – wie Katrin Distler in Freiburg, wo der DGB-Landesbezirk ein „Büro für europäische Regionalpolitik“ unterhält. Ihr erster Fokus liegt aber auf der grenzübergreifenden Kontaktpflege mit den Schweizern, Österreichern und Elsässern. „Wir versuchen, die Arbeit praktisch auszurichten“, sagt Landgraf. Natürlich müsse man dies intensivieren. Europa- und Landespolitik würden immer wichtiger, also „müssen wir Gewerkschaften da präsenter sein“.

Dass Europa für Arbeitnehmerführer nicht nur Ärger, sondern auch Erfolgserlebnisse mit sich bringt, hat Michael Sommer schon im September 2010 erfahren. „Das Größte, was ich je erlebt habe, war ein Auftritt in Madrid während des Generalstreiks der spanischen Gewerkschaften“, erinnert er sich. „Ich habe vor 800 000 Spaniern auf Deutsch geredet – und die Stimmung war großartig.“ Das werde er im Leben nicht vergessen.