Der VfB Stuttgart ist gegen Hannover 96 in der zweiten Halbzeit von der Rolle und verliert mit 2:4. Die Partie in der StZ-Analyse.

Stuttgart - Die Stimmung passt gut zum Wetter. Am wohl trübsten Sonntag des Jahres stehen die Spieler des VfB Stuttgart im Regen – auch im übertragenen Sinn. Denn sie haben eine 2:0-Führung gegen Hannover 96 noch aus der Hand gegeben und mit 2:4 verloren. Das war das Ende eines denkwürdigen Fußballspiels. Wohl selten hat eine Mannschaft in 90 Minuten zwei so grundverschiedene Gesichter gezeigt wie der VfB am Sonntag. Zunächst agierte er wie ein Champions-League-Anwärter, danach wie ein Abstiegskandidat.

 

Dabei wollte die Mannschaft den Aufschwung der vergangenen Wochen mitnehmen, in denen sie fünf Begegnungen ohne Niederlage (drei Siege, zwei Unentschieden) überstanden hatte. Dazu hatte der Trainer Bruno Labbadia seine Elf im Vergleich zum 2:0-Erfolg am Donnerstag in der Europa League beim FC Kopenhagen auf drei Positionen geändert. Für den grippekranken William Kvist kam Zdravko Kuzmanovic zum Einsatz, während Cristian Molinaro und Shinji Okazaki für Arthur Boka und Raphael Holzhauser weichen mussten. Dadurch erhoffte sich Labbadia noch mehr offensiven Schwung.

Das war der Plan, aber die Umsetzung ließ etwas auf sich warten. Zwar bemühte sich der VfB gleich darum, Druck zu erzeugen, aber die erste Gelegenheit hatte Hannover. Mame Diouf wurde von Gotoku Sakai abgeblockt (6.). Der VfB fand nur schwer seinen Rhythmus, vor allem weil die Angriffe in der zunächst taktisch geprägten Partie zu langsam vorgetragen wurden.

Zwischenzeitliche Führung für den VfB verdient

Deshalb dauerte es eine Viertelstunde, ehe es für die Gäste gefährlich wurde. Der Torhüter Ron-Robert Zieler lenkte einen Schuss von Holzhauser zur Ecke und war danach auch gegen Martin Harnik und Boka auf dem Posten. Doch das war das Startsignal für den VfB.

Vedad Ibisevic zirkelte den Ball noch über das Gehäuse (19.), aber zwei Minuten später war Zieler dann geschlagen. Holzhauser flankte in die Mitte zu Christian Gentner, der den Keeper mit einem überlegten Schuss überwand. Das waren zwei gute Aktionen von Holzhauser – wenig später folgte allerdings eine schlechte. Diouf fing einen zu gewagten Pass der Nachwuchshoffnung ab und stand vor Sven Ulreich. Aber statt den Ausgleich zu erzielen, traf der Stürmer den Pfosten.

Insgesamt war die Führung aber verdient, weil die Stuttgarter einen höheren Aufwand betrieben als die ziemlich verhalten auftretenden Hannoveraner, denen die Belastung aus dem Europapokal mehr anzumerken war als dem VfB. Auch Holzhauser ließ sich von seinem Fehler nicht verunsichern – und Vedad Ibisevic ist ohnehin selbstbewusst. Mit einem von Huszti an dem vor der Pause überragenden Gentner verursachten Foulelfmeter markierte er seinen sechsten Saisontreffer (37.).

Hannover bekommt einen Energieschub

Der VfB war Chef auf dem Platz, bis zur 57. Minute. Da verlor Boka einen Zweikampf gegen Lars Stindl, der Artur Sobiech bediente – und schon stand es nur noch 2:1. Das war ein Energieschub für Hannover, so dass sich jetzt ein komplett anderes Spiel entwickelte, eines mit klaren Vorteilen für die Gäste. Beim VfB schwanden offensichtlich die Kräfte – und als Folge fehlte plötzlich die Konzentration. Das Team brach regelrecht zusammen, wie schon beim 1:6 im zweiten Saisonspiel beim FC Bayern München. Das belegt, wie instabil und störanfällig das ganze Gebilde noch immer ist.

Zuerst unterlief Serdar Tasci ein Handspiel im eigenen Strafraum. Den Elfmeter verwandelte der eingewechselte Jan Schlaudraff zum 2:2 (65.). Nur 180 Sekunden später kam es dann noch schlimmer für den VfB. Der ebenfalls eingewechselte Mohammed Abdellaoue schob den Ball über die Linie, aber auch das war noch lange nicht alles. Fünf Minuten später gab es wieder Elfmeter, wieder für Hannover, dieses Mal nach einem Foul von Boka an Stindl. Wieder Abdellaoue, wieder drin, 4:2. Innerhalb von nur 16 Minuten hatten die Gäste also viermal getroffen und die Partie gedreht – das ist rekordverdächtig.

Der VfB lief, aber nur noch hinterher. Labbadia schaute von draußen fassungslos zu. Immer wieder schüttelte er den Kopf. Es war ein trüber Sonntag in Stuttgart, der in Erinnerung bleiben wird.