Rund 1000 Mal im Jahr klagen Verbraucherzentralen. Das ist seit genau 50 Jahren möglich: das Verbandsklagerecht feiert am Freitag Geburtstag.

Politik/ Baden-Württemberg: Christian Gottschalk (cgo)

Stuttgart - Es gab einmal eine Zeit, in der Banken den Versuch unternahmen, Gebühren zu verlangen, wenn der Kunde am Schalter Bargeld auf sein eigenes Konto einzahlen wollte. Es gab einmal eine Zeit, in der Versicherungsunternehmen ihre Haftpflicht- und Hausratsprodukte nur mit einer Laufzeit von zehn Jahren verkaufen wollten. Es war einmal üblich, dass Reisewillige den vollen Preis für den Urlaub im Vorfeld bezahlen mussten, ohne dass das Reiseunternehmen gegen Insolvenz abgesichert war.

 

All diese Zustände gelten heute nicht mehr, in all den Fällen sind es die Verbraucherzentralen gewesen, die den Kunden vor Gericht zu ihrem Recht verholfen haben. Am heutigen Freitag jährt sich zum 50. mal der Tag, an dem die Verbraucherzentralen die Möglichkeit erhielten, in solchen Angelegenheiten tätig zu werden.

Erfolgreicher Einsatz für die Rechte der Kunden

Bis zum 31. Juli 1965 hatten allein Unternehmen und Wirtschaftsverbände das Recht zu so genannten Verbandsklagen. Dann wurde das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb geändert. Heute nutzen die Verbraucherzentralen der Länder und ihr Bundesverband rund 1000 mal im Jahr die Klagemöglichkeiten, die seit dem Juli vor 50 Jahren noch mehrfach erweitert worden sind. Das Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Gesetz) gestattet seit 1977 das Vorgehen gegen unzulässige Vertragsbedingungen, seit 15 Jahren haben die Verbraucherzentralen auch dann das Recht auf eine Unterlassungsklage, wenn die reklamierten Verstöße nicht unmittelbar mit einem Handeln zum Zweck des Wettbewerbes in Verbindung stehen.

Zahlreiche Beispiele belegen den erfolgreichen Einsatz für die Rechte der Kunden. So setzten sich die Verbraucherschützer vor dem Bundesgerichtshof gegen das Geschäftsgebaren der Banken durch, die den Kunden bei einer Kontoeröffnung das Einverständnis zu künftiger Telefonwerbung unterjubelten, versteckt in den bankeigenen AGB. Ebenso wegweisend ist das Urteil, dass Händler beim Austausch fehlerhafter Produkte innerhalb der Gewährleistungsfrist keine Nutzungsentschädigung verklangen dürfen. Anlass des Streites war ein Backofen, der 17 Monate nach dem Kauf nicht mehr reparabel war und ausgetauscht werden musste. Für die Nutzung des fehlerhaften Gerätes wollte der Händler ursprünglich 70 Euro haben.

Unternehmen müssen wenig Einbußen fürchten

Es sind oftmals keine großen Beträge, um die bei den Verbandsklagen zum Thema Verbraucherschutz gestritten wird. Dementsprechend finanziell unattraktiv sind die Fälle für zahlreiche Anwälte. Wenn das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb als Anspruchsgrundlage dient, liegt der Streitwert meist bei 15 000 Euro; geht es um den AGB-Bereich werden 2500 Euro pro Klausel zu Grunde gelegt.

Die Verbandsklage sei „Spiegelbild politischer Gegebenheiten und des Marktes“, sagt Helke Heidemann-Peuser, die Leiterin des Teams Rechtsdurchsetzung beim Bundesverband der Verbraucherzentralen. Zu Beginn der 90er Jahre seien unseriöse Geschäftspraktiken gegenüber ostdeutschen Verbrauchern im Mittelpunkt gestanden, auch die Liberalisierungen auf dem Energie- und Telekommunikationsmarkt sorgten für beklagenswerte Zuständen.

Beklagenswert finden die Verbraucherzentralen trotz aller Erfolge auch, dass Unternehmen, die sich nicht wettbewerbskonform verhalten, wenig Einbußen fürchten müssen. Zwar gebe es seit zehn Jahren die Möglichkeit, zu Unrecht erzielte Gewinne zu Gunsten der Staatskasse einzuklagen; dies sei jedoch ein stumpfes Schwert. Die gesetzlichen Hürden dafür seien zu hoch, hier müsse die Politik etwas ändern, fordert Heike Heidemann-Peuser.