Bioabfälle müssen eigentlich vom neuen Jahr an in der braunen Tonne entsorgt werden. Doch bei der Umsetzung der neuen Regelungen hapert es noch vielerorts.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Dass „spätestens“ in der Gesetzgebung ein dehnbarer Begriff sein kann, zeigt das Beispiel der Biotonne. Die soll es nämlich vom neuen Jahr an eigentlich überall in Deutschland geben, damit die Bürger Küchenabfälle von der Bananenschale über den Kaffeefilter bis zu Speiseresten separat sammeln und entsorgen können. So steht es jedenfalls in dem im März 2011 von der Bundesregierung auf den Weg gebrachten und im Juni 2012 in Kraft getretenen Kreislaufwirtschaftsgesetz. Bioabfälle, so heißt es im Paragrafen 11, seien „spätestens ab dem 1. Januar 2015 getrennt zu sammeln“.

 

Allerdings muss der Gesetzgeber sich auf eine gewisse Frustrationstoleranz bei der Umsetzung dieser neuen Pflicht zur Mülltrennung einstellen. Nach Angaben des Bundesumweltministerium hatten im vergangenen Frühjahr immerhin 340 von 400 Stadt- und Landkreisen die Biotonne bereits eingeführt. Aber wie in Stuttgart, wo die Stadt die Biotonne Zug um Zug einführt und die flächendeckende Versorgung mit braunen Mülleimern erst 2017 gewährleisten will, gibt es auch in anderen Kommunen und Kreisen noch Nachholbedarf. Bärbel Höhn (Grüne), die Vorsitzende des Umweltausschusses im Bundestag, rechnet deshalb damit, dass es zu erheblichen Verzögerungen kommt. „Fast jeder Vierte ist in Deutschland nicht an die Bioabfallsammlung angeschlossen“, monierte sie dieser Tage. Auch der übrige Müll dieser rund zwanzig Millionen Menschen könne nicht recycelt werden, weil er mit den matschigen Bioabfällen vermischt sei, klagte sie.

13 Millionen Tonnen Bioabfälle wiederverwertet

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) appellierte jetzt an Länder und Kommunen, die Pflicht flächendeckend umzusetzen. „Die Getrennterfassung von Biomüll bietet große Chancen“, erklärte sie. „Bioabfälle können zu schadstoffarmem Kompost verarbeitet werden und damit einen Beitrag zur Substitution von Mineraldünger leisten.“ Bei der Vergärung von Bioabfällen könne zudem Biogas gewonnen werden. „Jeder Einzelne kann durch Mülltrennen einen Beitrag leisten.“

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wurden 2012 bereit 13 Millionen Tonnen getrennt gesammelte Bioabfälle in insgesamt 1882 Kompostierungs- und Biogasanlagen behandelt. Knapp fünf Millionen Tonnen waren Garten- und Parkabfälle; gut vier Millionen Tonnen stammten aus Biotonnen. Experten sind überzeugt, dass sich die Menge des verwerteten Biomülls steigern lässt. Der Interessenverbund kompostierbare Produkte schätzt, dass mit 36 Prozent mehr als ein Drittel der Bioabfälle bisher im Restmüll landen.

„Fehlwürfe“ sollen vermieden werden

Die Umweltpolitikerin Bärbel Höhn warf der Umweltministerin vor, sie trage Mitschuld an den Verzögerungen. Die Bundesregierung sei bisher selbst die groben Regeln für ein Wertstoffgesetz schuldig geblieben, das schon die Vorgängerregierung 2012 versprochen habe. Dieses Gesetz muss festlegen, wer für die zusätzliche Abfuhr des Bioabfalls bezahlt. Tatsächlich fürchten viele Bürger zu Recht, dass ihnen wegen der neuen Tonne nun Gebührensteigerungen drohen. In der Antwort auf eine Anfrage der Grünen räumte die Bundesregierung ein, dass sie dies nicht ausschließen könne. „Bei extrem dünn besiedelten Regionen können sich möglicherweise überproportionale Kosten- und Abfallgebührensteigerungen ergeben“, hieß es. Das Bundesumweltministerium betont, dass mit entsprechender Öffentlichkeitsarbeit eine gute Qualität getrennt gesammelter Bioabfälle zu erreichen sei. „Fehlwürfe“ sollen vermieden werden.