Im republikanischen Lager konnte US-Präsident Donald Trump offensichtlich nicht genügend Stimmen für die Abschaffung von Obamacare versammeln. Die Abstimmung über das Vorhaben wurde verschoben.

Washington - Herber Dämpfer für Donald Trump: In letzter Minute ist im US-Repräsentantenhaus die Abstimmung über den vom Präsidenten unterstützten Plan zur Beseitigung der großen Gesundheitsreform seines Vorgängers Barack Obama verschoben worden. Das Votum über das als „Obamacare“ bezeichnete System soll nun am Freitag stattfinden, wie das Weiße Haus mitteilte.

 

Die Fraktionsspitze von Trumps Republikanischer Partei entschloss sich zur Verschiebung der ursprünglich für Donnerstagabend (Ortszeit) angesetzten Abstimmung, da sich weiterhin eine größere Zahl von republikanischen Abgeordneten der Gesetzesvorlage widersetzte. Damit fehlte die Mehrheit für den von der Fraktionsführung vorgelegten Plan. Er sieht vor, „Obamacare“ durch ein stärker marktwirtschaftlich ausgerichtetes Modell zu ersetzen. Noch wenige Minuten vor Bekanntgabe der Verschiebung hatte Trump zuversichtlich erklärt, dass die Kongresskammer noch am Donnerstag das „Desaster namens ‚Obamacare’“ abschaffen werde.

Derzeit sind neun Prozent nicht krankenversichert

Die Ablösung des Systems durch ein neues Modell mit deutlich weniger staatlichen Regulierungen ist eines von Trumps zentralen Wahlkampfversprechen. „Obamacare“ war vor genau sieben Jahren in Kraft getreten. Das System wurde von den Republikanern von Anfang an vehement bekämpft. Über „Obamacare“ sind inzwischen 20 Millionen US-Bürger krankenversichert, der Anteil der Bürger ohne Krankenversicherung sank von 16 Prozent auf neun Prozent. Das republikanische Ersatzmodell sieht nun vor, die allgemeine Versicherungspflicht wieder abzuschaffen und die staatlichen Zuschüsse und Programme zu kürzen.

Moderaten Republikanern geht der Plan jedoch zu weit. Laut einer Schätzung des parteiunabhängigen Rechnungshofs des Kongresses (CBO) würde dadurch die Zahl der Bürger ohne Krankenversicherung im kommenden Jahr wieder um 14 Millionen steigen, bis zum Jahr 2026 um 24 Millionen. Auf der anderen Seite gehen erzkonservativen Republikanern die Pläne nicht weit genug. Sie sehen darin eine bloße Abwandlung von „Obamacare“. Diese Gruppierung will über den vorliegenden Plan hinaus unter anderem eine Reihe obligatorischer Versicherungsleistungen wie Betreuung von Schwangeren und Müttern, Notaufnahme-Versorgung und Impfungen streichen.

Trump und der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Paul Ryan, versuchten in hektischen Verhandlungen bis kurz vor dem ursprünglichen Abstimmungstermin, die widerspenstigen Abgeordneten zum Einlenken zu bewegen. Dabei übte der Präsident starken Druck aus: Wenn das Projekt das Repräsentantenhaus nicht passiere, „dann werde ich mir Euch vorknöpfen“, warnte er am Dienstag bei einem Treffen der Fraktion. Eine Zählung der Zeitung „Washington Post“ am Donnerstagmittag (Ortszeit) ergab jedoch, dass sich 36 überwiegend konservative Republikaner dem Plan weiter widersetzten. Damit würde die Mehrheit klar verfehlt.

Mehrheit der Bürger gegen den republikanischen Plan

Die Republikaner verfügen im Repräsentantenhaus über eine Mehrheit von 237 der 435 Sitze. Da derzeit fünf Sitze vakant sind, werden 216 Stimmen für das Gesetzesvorhaben gebraucht. Die oppositionellen Demokraten sind geschlossen dagegen. Ex-Präsident Obama warnte eindringlich vor einer Verschlechterung der Gesundheitsversorgung für zahlreiche US-Bürger. In einer Erklärung zum Jahrestag seiner Reform räumte er ein, dass das System verbesserungsbedürftig sei. So müssten die Kosten im Gesundheitswesen reduziert und die Qualität der Versorgung verbessert werden. Doch Priorität aller Veränderungen müsse sein, dass sich das Gesundheitssystem „für hart arbeitende Amerikaner verbessert und nicht verschlechtert“.

Laut einer am Donnerstag veröffentlichten Umfrage der Quinnipiac-Universität sind 56 Prozent der US-Bürger gegen den republikanischen Plan zur Abschaffung von „Obamacare“, nur 17 Prozent heißen ihn gut. Sollte das Projekt doch noch vom Repräsentantenhaus abgesegnet werden, wäre es bis zur Umsetzung aber noch ein weiter Weg. Als nächstes würde sich der Senat damit befassen, in dem die Republikaner eine Mehrheit von nur zwei Sitzen haben. Die Verhandlungen im Senat könnten sich bis in das nächste Jahr hinziehen.