Ein Schäferhund erfüllt seine Pflicht als Wachhund und sorgt für richtig Ärger. Jetzt verbringt er die Nächte drinnen und seine Herrchen, die Verantwortlichen eines Ölförderunternehmens, hoffen auf gute Nachbarschaft.

S-Ost - Wie Berti richtig heißt, weiß vermutlich nur die Stammbaumurkunde. Alle anderen – zumindest die, die täglich Umgang mit ihm haben – nennen in kurz Berti. Berti ist ein Schäferhund, hat die erste Wachhundeprüfung bestanden und lebt in durchaus privilegierten Verhältnissen. Sein geräumiger Zwinger steht auf der Gänsheide, auf dem weitläufigen Areal einer Villa zwischen Gerokstraße und Hillerstraße. Er wird gut versorgt und gepflegt. Und wenn Berti aus dem Zwinger darf, versucht er, seine Pflicht zu erfüllen. Das allerdings zum Leidwesen der Nachbarn sehr lautstark.

 

Der Schäferhund beschäftigt inzwischen eine ganze Menge Menschen: Die Nachbarn haben eine Unterschriftenaktion gestartet, der Bezirksvorsteher von Stuttgart-Ost, Martin Körner, befasst sich mit dem Gebell, das für Lärmschutz zuständige Amt für Umweltschutz ebenso wie gleich mehrere Anwälte und seit Monaten immer wieder auch die Polizei. Der für Berti traurige Höhepunkt war eine Nacht im Januar, als die Polizei genug von den Anrufen der Nachbarn und dem Gebelle hatte und den Wachhund in Gewahrsam nahm. Berti musste eine Nacht im Tierheim verbringen, erst am nächsten Tag wurde er – per Anwalt – wieder zurück in den heimischen Zwinger auf die Gänsheide gebracht.

Nachbarn zwischen Mitleid und Nase voll

Die Nachbarn sind alle genervt. Zur Rechten hat die Kunststiftung des Landes ihren Sitz. Sowohl die Mitarbeiter, die nur tagsüber da sind, und noch mehr das Hausmeisterehepaar, das dort wohnt, können ihre Berti-Geschichten erzählen – wobei sie nicht wissen, dass der Hund Berti heißt. Der Hausmeister beispielsweise erzählt, dass seine kranke Frau nachts wegen dem Gebelle oft wach liege.

Nachbar zur Linken ist die Frauenklinik Charlottenhaus, wo Bertis Lautstärke die notwendige Ruhe der Patienten stört. Und die Nachbarn zur Hillerstraße hin haben einerseits Mitleid mit dem Hund und andererseits ebenfalls die Nase voll. Was möglicherweise daran liegt, dass auf dem Grundstück in den vergangenen Jahren immer wieder gebaut wurde – und niemand so recht weiß, was in der Villa eigentlich geschieht. Da wird von dubiosen dunklen Limousinen gesprochen, die ab und zu vorfahren, von Geschäften in Dubai, jedenfalls von Geheimnisvollem.

Jetzt bleibt Berti nachts drinnen

Tatsächlich ist die Gerokstraße 33 der Sitz der Deutschen Oel & Gas AG (www.dogag.de), was auch an Eingangstüren zu lesen ist. In der Villa arbeiten jeden Tag Mitarbeiter der Gesellschaft, die seit 2008 in Texas und Alaska nach Öl und Gas sucht. Einer der Mitarbeiter ist Nikolas Wienke, selbst Rechtsanwalt, der sich gewünscht hätte, dass die Nachbarn einfach einmal angerufen oder geklingelt hätten. „Wir wussten das lange nicht“, sagt er. Dem Unternehmen sei an einer guten Nachbarschaft gelegen, deswegen wurde Bertis Tagesablauf verändert. Seit dem Tierheim-Gewahrsam verbringt er die Nächte auf der Gänsheide im Haus. Dort bellt er zwar auch, das sei aber in der Umgebung kaum zu hören. „Wir hoffen, dass das jetzt erledigt ist“, sagt Wienke,

Die Stadt hat im Januar gegen das Unternehmen als Hundehalter einen Bußgeldbescheid erlassen. Nach eingehender Prüfung und Vor-Ort-Besichtigungen von Mitarbeitern des Amts für Umweltschutz sei unstrittig, dass eine erhebliche Belästigung der Allgemeinheit vorliege, sagt Amtsleiter Werner Flad. Das Unternehmen hat dagegen Einspruch eingelegt.