Bekümmernisse gibt es auf Reisen zuhauf. Hundegebell in Bhutan, Rüpel im Flugzeug, Schlangen vor der Toilette oder überall essende Menschen.

Hundelärm in Bhutan
Thimpu bei Nacht - das ist große Oper. Trotzdem wünscht man sich irgendwann nichts sehnlicher, als dass der Vorhang fällt. Doch die Akteure denken gar nicht daran. Ein Held im besten Alter blafft sein Gefolge an. Höflinge winseln verschlagen, Damen betteln schmeichelnd um die Gunst ihres Herrn. Doch plötzlich - hört, hört! - ertönt aus der Tiefe des Raumes wie kräftiges Gebell ein neuer Ton. Wagt da ein junger Springinsfeld den Kampf um Macht und Krone? Thimpu, die Hauptstadt des Königreichs Bhutan hat 80 000 Einwohner. Hunde sind es, schätzt man, um die 5000. Doch mit Einbruch der Dunkelheit übernehmen sie das akustische Kommando. Der Besucher wälzt sich derweil ruhelos auf seinem harten Hotelbett und lässt die Bilder des Tages noch einmal an seinem inneren Auge vorbeiziehen: Rindfleischstreifen, die in der Sonne trocknen. Graue Steinklopferinnen aus Nordindien am Straßenrand. Von Betelnüssen rot gefärbte Zahnstümpfe. Dächer, von denen Holzphalli baumeln als Schutz gegen böse Geister. Gerade, als er endlich hinüberzudämmern beginnt, steigert sich das Geschehen im Dunkel zu einer leidenschaftlichen Auseinandersetzung, einem Verwirrspiel voller Liebeshändel und Futterneid, Speichelleckerei und keckem Mut.

 

„In Ordnung, liebe Bhutaner“, brummt der Gast und wirft sich auf die andere Seite: „Hunde sind nun mal in euren Augen die intelligentesten unter den Tieren. Nicht ausgeschlossen, dass der eine oder andere später als Mensch wiedergeboren wird. Bleiben wir also höflich. Man könnte sich ja mal wiederbegegnen.“ In diesem Augenblick explodiert der Konflikt draußen in einem Finale furioso. König und Widersacher haben ihre Truppen aufmarschieren lassen, jagen sie aufeinander los und stürzen sich selbst ins Schlachtengetümmel. Ein Fetzen und Hetzen und Reißen hebt an, es belfert und geifert und keift. „Liebe Bhutaner“, denkt der Besucher und versucht, die Zipfel der Bettdecke tief in seine Ohren zu schieben. „Es ist großartig, dass ihr in eurer Verfassung das Bemühen des Staates um das Glück seiner Bürger verankert habt. Könntet ihr nicht, nach sorgfältiger Abwägung aller Umstände, auch eines auf ungestörte Nachtruhe dazuschreiben?“
Franz Lerchenmüller

Männer im Flugzeug
Ja, auch Männer sollen selbstverständlich Urlaub machen, auf den sie sich - wie die Frauen - das ganze Jahr über freuen. Sie haben es verdient, ehrlich. Vielleicht ist dieser Überschwang der Gefühle aber der Grund dafür, dass sich Männer, vor allem solche, die in Gruppen unter ihresgleichen reisen, in Flugzeugen oft, nun ja, nicht so ganz ordentlich benehmen. Kürzlich am Flughafen Stuttgart: Remmidemmi bereits vor dem Abflug nach Mallorca an einer der zahlreichen Pilsbars. Mehrere Runden Bier schon bei Sonnenaufgang - das kann nicht gut gehen. . . Im Flieger dann lautstarke Kommentare und Gegröle zu jedem Hinweis der Stewardessen, die von Berufs wegen ruhig und gelassen bleiben (müssen). Diese Sorte Männer, übrigens keine Jüngelchen mit Pubertätsallüren, sondern gestandene Exemplare jenseits der 40, breitet sich meist auch ungeniert in den engen Sitzreihen in der Kabine aus. Sie nimmt selbstredend immer die Armlehnen auf beiden Seiten ihres Sitzes in Beschlag, drückt die Knie gnadenlos gegen den Vordersitz, klappt ihre Sitzlehne bis zum Anschlag nach hinten, ungeachtet dessen, dass der Fluggast auf dem Platz dahinter vielleicht auch gerne ein wenig Bewegungsfreiheit hätte. Wenn solche Männer bisweilen zur Toilette müssen (das viele Bier!), halten sie sich an der Lehne des Vordersitzes mit dem ganzen Gewicht fest, um sich aus ihrem Sitz hochzuwuchten. Manche fummeln sich mit den Fingern ungeniert Speisereste aus den Zähnen, und frau will lieber gar nicht wissen, ob sie sich vorher auf der Toilette auch tatsächlich die Hände gewaschen haben. Diese Beobachtungen treffen wohlgemerkt nur auf einen kleinen Teil der männlichen Fluggäste in den Urlaubsbombern zu - aber diese Ausreißer sind zum Fremdschämen. Merke: You never get a second chance to make a first impression, Du bekommst niemals eine zweite Chance, einen (guten) ersten Eindruck zu hinterlassen!
Andrea Weller

Immer nur essen
Geschafft! Der schwere Koffer ist verstaut, und die junge Frau auf Platz 53 hat nach einer freundlichen Ansprache verstanden, dass man ohne Sitzplatzreservierung nun mal das Nachsehen hat. Endlich abschalten, die Augen schließen und sich aufs Wochenende freuen. Doch an Entspannung ist nicht zu denken. Der Zug fährt gerade aus dem Bahnhof raus, da raschelt der Sitznachbar schon mit Alufolie und packt genüsslich sein Käsebrot aus. Natürlich gibt es ein Ei dazu und danach noch einen schönen, heißen Kaffee aus der Thermoskanne. Ob ich so nett wäre und mal kurz den Becher halten könnte? Aber gerne doch. Nein, der wird doch jetzt doch nicht . . . ? Bananen, ausgerechnet Bananen! Schon beim ersten Biss bekommt man eine Gänsehaut, denn offenbar kann kein Mensch Bananen essen, ohne dabei laut zu schmatzen. Und als wäre das nicht genug, reißt nun auch noch der Hintermann eine Chips-Tüte auf. Das nächste Mal wird ein Platz im Flieger reserviert. Da trauen sich die Leute wenigstens nicht, ihre Tupperboxen an Bord mitzunehmen. Und einen Snack gibt es auf Inlandsflügen zum Glück auch schon lange nicht mehr.
Kerstin Ruchay

Kampf um eine Freie Toilette
Gleich ist das Ziel erreicht, die letzten hundert Meter, Endspurt. Das blau-weiße Schild, das den Reisenden quer durch den Flughafen (ein Labyrinth aus Parfümerien) gejagt hat, zeigt auf die letzte Einkehr: die Toilette. Fast fühlt man sich so, als ob die Leuchtstreifen am Boden direkt darauf hinweisen, ein Fluglotse mit Leuchtkegeln - auch als Putzkraft bekannt - seine Arme schwenkt und man zum Landen ansetzt. Denkste. Anscheinend hatten 35 Frauen und ein Kind die gleiche Idee. Das bedeutet Krieg. Also in Kampfposition: Ellenbogen werden ausgefahren, Fußspitzen und Hacken werden anvisiert. „Ach, Entschuldigung, das war jetzt aber unbeabsichtigt“. Dieser Satz und ein schelmisches Lächeln - so wird frau zur skrupellosen Toilettenbezwingerin. Die Blase droht zu platzen, doch das ist jetzt Nebensache im Kampf um die beste Position. Die Ohren betäubt vom Lärm des Händetrockners, an den Schuhen kleben lästige Papiertücher. Endlich steht man als Erste in der Schlange, gleich ist es so weit. Neidische Blicke der weiblichen Mitstreiterinnen. Brust raus, Bauch rein, lächeln und winken. Man hört das Spülen. Man hört das Klicken. Und siehe da, plötzlich werden fünf Toiletten gleichzeitig frei. Eine Horde Frauen stürmt drauflos, mitsamt Koffer, Boarding-Pass und Kosmetiktüte drängt man in die Kabinen. Man wünscht den anderen Damen einen verstauchten Knöchel auf dem Weg zu ihren nicht verdienten Plätzen. Das Blut kocht, weil man es nicht schafft, die Tür hinter sich zu schließen, ohne die Klinke anzufassen, und hockt dann mit dem Koffer eingezwängt in der Kabine. Der Toilettenpapier-Schutz-Ring! Zu spät. Angeekelt dämmert es einem, dass man vergessen hat, den Toilettensitz mit ausreichend Toilettenpapier zu bedecken und denkt jetzt an die Bakterien, die auf dem Sitz wuchern. Und wenn man dann in aller Ruhe die Einrichtung verlassen will, beäugen einen die Putzkräfte und deuten auf einen Keramik-Teller mit kitschigem Katzenaufdruck. Man kramt in den Taschen, doch findet man nur einen Fünf-Euro-Schein. Um Wechselgeld kämpfen oder fliehen, das ist hier die Frage.
Julia Ostendorf

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