Die Hotline von Kabel BW treibt dem Zuschauer die Lust aus. Ein Selbsterfahrungsbericht rund um HDTV und Smartcards.

Stuttgart - Was tun, wenn die alte Flimmerkiste mit Röhrentechnik nach 15 Jahren den Dienst versagt? Ganz klar: Man ordert einen Flachbildschirm, der in der Lage ist, hochauflösendes Fernsehen (HD) auszustrahlen. Ein Freund hat mir mal den HD-Effekt ebenso drastisch wie einprägsam beschrieben: „Da siehst Du wirklich jeden Pickel, wenn Heidi Klumm im Fernsehen auftritt.“ Und weil ich das schon immer mal sehen wollte, entschloss ich mich, ein entsprechendes Angebot beim Netzbetreiber Kabel BW via Internet zu buchen. Schon drei Tage später flatterte mir ein CI+-Modul, eine Art großer Chip, samt zugehöriger Smartcard ins Haus. Beworben wird das Angebot von Kabel BW mit Superlativen: „Faszinierende Bildschärfe, kristallklarer Ton.“ Und auf der Verpackung steht: „Einfach zu installieren.“ Gesagt, getan: Karte ins Modul, das Ganze ins TV-Gerät, und los geht’s. Doch ganz so einfach ist es nicht. Der Bildschirm bleibt schwarz, es erscheint lediglich der Hinweis, die Smartcard sei nicht CI+-geeignet. Nach drei weiteren Versuchen die Nummer der Kabel-BW-Service-Hotline gewählt: „Herzlich willkommen. Unsere Servicemitarbeiter befinden sich derzeit alle im Kundengespräch. Die aktuelle Wartezeit beträgt derzeit zwölf Minuten.“ Ich stelle das Telefon auf Lautsprecher und räume derweil die Spülmaschine aus. „Der nächste freie Kundenberater ist bereits für Sie reserviert“, heißt es etwa drei Minuten später. Ich fühle mich geehrt, denke an einen Werbespruch von Kabel BW („Service, der bewegt.“) und überlege, ob ich noch schnell den Müll rausbringen soll, als die weibliche Computerstimme flötet: „Bitte haben Sie noch einen ganz kurzen Moment Geduld, wir sind sofort für Sie da.“ Das muss ich mir dann noch cicra 15 Minuten anhören. Als ich mit dem Gedanken spiele, aufzulegen, meldet sich tatsächlich ein Mitarbeiter. Ich schildere mein Problem. „Also eigentlich müsste es funktionieren, aber ich schalte ihre Karte nochmal frei. In einer Stunde läuft’s.“ Ich bedanke mich und starre eine Stunde angestrengt auf den Schirm – es tut sich nichts.

 

Immer wieder im Callcenter

Neuer Tag, neuer Versuch. Diesmal schon nach zehn Minuten einen anderen Kollegen aus dem Callcenter am Hörer: „Hallo, ich nehme an, Sie sitzen irgendwo im Osten, ich rufe aus Stuttgart an und . . . “. Der Mann ist dem Akzent nach Deutschamerikaner und schaut im Computer nach dem Vorgang: „Die Kollege hat schon, ah, und dann häben wir noch, hm, yes, wir schalten die Karte frei“. Meinen schüchternen Einwand, dies sei tags zuvor bereits geschehen, lässt er nicht gelten: „In einer Stunde funktioniert’s.“ Drei Stunden später zeigt mir das TV-Gerät noch immer an, dass die Karte nicht geeignet ist.

Beim dritten Anruf im Callcenter frage ich nunmehr eindringlich nach, ob die theoretische Möglichkeit bestünde, dass mir Kabel BW einfach eine defekte Karte ausgeliefert habe. Die Mitarbeiterin verneint: „Es gibt nur unsere Smartcard.“ Ich versuche, gelassen zu bleiben, obwohl ein weiterer Versuch, das System zum Laufen zu bringen, scheitert. Mittlerweile habe ich ungefähr fünf Stunden meiner kostbaren Lebenszeit in der Telefonwarteschleife verbracht. Beim vierten Anruf von unterwegs raunzt mich der sogenannte Servicemitarbeiter an: „Sie sollten eben zuhause sein, wenn Sie ein Problem haben. Ich kann Ihnen unterwegs nicht helfen.“ Zuhause lauert mittlerweile die Tochter vor dem Gerät, aber der Schirm bleibt schwarz. Ich komme mir vor wie ein Bittsteller, und dabei heißt es doch, der Kunde sei König.Zwischenzeitlich erhalte ich eine Mail von Kabel BW mit der Aufforderung, den Kundenservice zu bewerten. Es hagelt Sechsen. Mit Schaum vor dem Mund der fünfte Anruf im Callcenter einschließlich 16 Minuten Warteschleife: „Hören Sie zu: Entweder Sie schicken mir umgehend eine neue Smardcard oder ich storniere noch heute meinen Vertrag.“ Der Mann am anderen Ende der Leitung ist pikiert und gibt den Besserwisser: „Das geht nicht, wir haben da auch unsere Arbeitsanweisungen. Ich hätte Ihnen ohnehin zu einem Receiver geraten.“ Irgendwie kommt mir plötzlich der Kabel-BW-Werbeslogan in den Sinn: „Einfach clever.“ Immerhin: jetzt soll sich ein Techniker der Sache annehmen. Ich habe inzwischen das Interesse an Heidi Klums Hautunreinheiten und ihrer glockenhellen Stimme verloren und sehne mich nach meinem Röhrenfernseher.

Eine Woche Wartezeit

Kaum im Büro, meldet sich tatsächlich ein Techniker: Ob ich um 12.30 Uhr zuhause sein könne? Ich lasse alles stehen und liegen und tue, wir mir geheißen. Doch statt dem versprochenen Handwerker klingelt das Telefon: Nein, von einem Besuch sei nie die Rede gewesen, das lasse sich telefonisch regeln. Nach sage und schreibe zehn Sekunden (und einer Woche Wartezeit) läuft tatsächlich das hochauflösende TV, und aller Frust löst sich in Luft auf. Ich würde den Mann am liebsten umarmen. Erst am nächsten Tag dann die bittere Erkenntnis: Richterin Barbara Salesch ist auch in HD nicht schärfer als vorher.