Ein Vertreter der Familienpartei erregt mit einem sexistischen Filmchen im Netz Ärger. Der Oberbürgermeister Peter Kurz lässt nun prüfen, ob das Gangsta-Rapper-Video voller Gossensprache Konsequenzen nach sich zieht.

Mannheim - Im Mannheimer Stadtrat ist Julien Ferrat bei Sitzungen bisher kaum mit größeren Debattenbeiträgen in Erscheinung getreten. Dafür hat sich der 25-Jährige, der als Einzelstadtrat die Familienpartei vertritt, jetzt lautstark mit einem Video im Netz zu Wort gemeldet. Ausdrücklich als „Stadtrat Ferrat“ hat er darin in der Pose eines Gangsta-Rappers mit türkischem Migrationshintergrund zusammengefasst, was man nach seinen Eindrücken in den Problemvierteln des Mannheimer Stadtteils Neckarstadt so zu hören bekommt.

 

Herausgekommen ist dabei – untermalt von obszönen Bewegungen und einer in eindeutiger Pose vor dem Stadtrat knieenden jungen Frau – ein sexistisches und rassistisches Filmchen, bei dessen Betrachtung die Ratskollegen reihenweise das Grausen gepackt hat. Er habe nach 20 Sekunden ausgeschaltet, lässt der CDU-Fraktionschef Carsten Südmersen ausrichten. „Das Video beschämt den ganzen Gemeinderat“, sagte er. „Ich habe mich maßlos darüber aufgeregt“, hat der Sprecher der SPD-Fraktion gestanden, nachdem er das Video gesehen hatte. „Ich mache Politik kommunal“, so fängt einer der Reime Ferrats an, „Frauen“, lässt er in der nächsten Zeile wissen, bumse er „in der Regel vaginal. Wir sind hier im Mannheimer Getto!“- „Ich will die Leute unterhalten und gebe einen Fick darauf, was sie davon halten“, geht es weiter, insgesamt vier Minuten lang – und es wird nicht besser. „Oberpeinlich“ sei das alles, findet nicht nur Thomas Trüper, Vorsitzender der Fraktion der Linken im Rat, über deren Hochschulgruppe der Jungpolitiker – inzwischen sehr zum Leidwesen der Partei – im Jahr 2014 den Sprung ins Kommunalparlament geschaffte hat.

Das Video ist mittlerweile gelöscht

Nach gut 20 000 Aufrufen im Internet und einhelliger Kritik von allen Seiten hat Ferrat inzwischen sein Video gelöscht. Er bedaure, dass er darin „zu viel Interpretationsspielraum“ gelassen habe und wolle „nicht für weitere Anspannungen sorgen“, teilte er den „sehr geehrten Ratskollegen“ mit. Entschuldigt hat er sich nicht. Als Einzelstadtrat habe man es bekanntermaßen schwer, „Aufmerksamkeit für politische Themen zu generieren“, erklärte er. Daher seien die „grenzwertigen Textpassagen“ nur ein Aufhänger gewesen, um Interesse zu erzielen, und nicht die eigentlichen „Botschaften“. Seine Absicht sei es gewesen, auf die Probleme der Neckarstadt hinzuweisen; dafür habe er „alle herrschenden Klischees bis ins Absurde überzeichnen wollen“, erklärte Julien Ferrat auf Anfrage. „Ich habe gedacht, die Sache geht ins Lächerliche, anscheinend ist mir das nicht gelungen“, räumte er ein.

Dass das Ganze so ernst nicht gemeint gewesen sein soll, nehmen ihm seine Kollegen aber nicht ab. Das Video müsse Konsequenzen haben, da sind sich alle Fraktionen einig. „Erst die Klicks sammeln und den Aufschrei abwarten – und dann bekanntgeben, man sei wohl missverstanden worden“, meinte Trüper, „das kennen wir auch von der ewig missverstandenen Hetzerpartei AfD.“ Ein Verseschmied aus deren Reihen, ergänzte er süffisant, hätte vermutlich ein ebenso „famoses Kunstwerk“ zustande bringen können.

Für ihn ist Ferrat ohnehin ein „Politbetrüger“, weil er vor zwei Jahren unter dem Verdacht stand, für die Senatswahlen an der Uni Mannheim Unterschriften gefälscht zu haben. Das Verfahren wurde gegen eine Geldzahlung eingestellt. Ihre Liste für den Gemeinderat, auf den ihn die Linke fast gleichzeitig gesetzt hat, ließ sich anschließend nicht mehr ändern, weil die Frist abgelaufen war. Freiwillig war Ferrat nicht zum Rückzug bereit; so wurde er gegen den Willen der Partei für sie in den Gemeinderat gewählt – später hat er dann als Einzelstadtrat die Seiten in Richtung „Familienpartei“ gewechselt.

Auch der OB kritisiert Julien Ferrats Auftritt

Deutliche Kritik an Ferrats Auftritt äußerte auch Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD). Der Gemeinderat habe erst vor Kurzem eine eigene „Erklärung für Zusammenleben und Vielfalt“ verabschiedet, um ein respektvolles Miteinander zu fördern und Formen der Diskriminierung entgegenzuwirken. „Durch das Video wird die Intention der Erklärung und das dafür bestehende Engagement der Stadtgesellschaft verunglimpft“, urteilt Kurz. Ferrats Verstöße seien „zu relevant, um darüber hinwegzugehen“. Man prüfe daher, welche Konsequenzen sich für ihn als Ratsmitglied ergeben könnten, sagte er.