Diabetes hat man nicht allein“

Stuttgart - In Deutschland behandeln Ärzte rund sechs Millionen Patienten mit Diabetes mellitus. Wie geht man mit der Krankheit um? Dazu gaben Experten der Arbeitsgemeinschaft Diabetologie Baden-Württemberg (ADBW), Reinhard Holl von der Kinder-Endokrinologie und Diabetologie an der Uni Ulm, Albrecht Dapp, Arzt und Diabetologe aus Spaichingen, sowie Elke Brückel vom Vereinsvorstand Diabetiker Baden-Württemberg (DBW) bei unserer Telefonaktion „Diabetes – und jetzt?“ Tipps.

 
Ich habe die Diagnose Diabetes Typ 2 erhalten und bin verwirrt: Wie soll mein Leben nun weitergehen?
Dass die Diagnose das Leben auf den Kopf stellen kann, ist völlig normal. Aber mit Diabetes bricht die Welt nicht zusammen. Es lässt sich gut mit der Stoffwechselerkrankung leben, sofern man sie medizinisch behandeln lässt und sein Leben etwas umstellt. Daher sollten Betroffene erst einmal eine Diabetes-Schulung besuchen. Dort lernen sie, die Krankheit zu verstehen und was im Alltag nun wichtig wird. Informationen, wo es solche Schulungen gibt, kann der Hausarzt geben oder die Selbsthilfe Diabetiker Baden-Württemberg, www.diabetiker-bw.de.
Ich bin Diabetiker, meine Krankheit ist gut medikamentös eingestellt. Doch würde ich gerne mehr für mich tun. Was raten Sie?
Sowohl für Diabetiker als auch für jeden Gesunden gilt: Ausreichend Bewegung und eine ausgewogene Ernährung sind wichtig für den Körper. Das bedeutet, sich mindestens dreimal die Woche insgesamt 150 Minuten zu bewegen – etwa mit Ausdauersportarten wie zügigem Spazierengehen, Schwimmen, Joggen, Radfahren oder Nordic Walking. Auch Krafttraining sollte nicht zu kurz kommen. Bei der Essensauswahl hält man sich an die Empfehlungen der sogenannten Mittelmeerküche: viel Gemüse, Salat, Hülsenfrüchte und Obst sowie Vollkorn- und Milchprodukte. Beim Öl sollte nach Oliven- und Rapsöl gegriffen werden. Statt rotem Fleisch sollte man lieber mageres Fleisch wie Geflügel und mehrmals die Woche fetten Fisch wählen.
Wir haben den Verdacht, das unser sechsjähriger Sohn an Typ-1-Diabetes erkrankt ist. Was sind die Symptome?
Die Symptome sind häufig unspezifisch und nicht immer erkennbar. Typisch für einen Diabetes mellitus Typ 1 ist es, wenn das Kind häufig über Durst klagt – und ein, zwei Sprudelflaschen pro Tag trinkt. Vor allem nachts muss es häufig auf die Toilette, manche Kinder nässen auch wieder ein. Tagsüber macht sich eine Abgeschlagenheit bemerkbar. Kommt ein Gewichtsverlust hinzu, sollten Eltern den Arzt aufsuchen. Zwar kann der Typ-1-Diabetes in jedem Lebensalter auftreten, doch im Kindes- und Jugendalter gilt er als die häufigste Stoffwechselerkrankung.
Meine Frau ist Diabetikerin, fühlt sich oft schlapp, nachts schläft sie unruhig, und es kommt zu Atemaussetzern. Können ihre Diabetes-Medikamente daran schuld sein?
Nein, ganz sicher nicht. Beide Formen von Diabetes mellitus lassen sich sehr gut mit Medikamenten behandeln, die auch sehr gut verträglich sind. Bei einer sogenannten Schlafapnoe sind meist verengte Atemwege die Ursache, zum Beispiel durch eine entsprechende Veranlagung oder Übergewicht. Der Verdacht auf eine Schlafapnoe sollte auf jeden Fall vom Arzt abgeklärt werden. Denn die Schlafstörung kann ernste Folgen wie Bluthochdruck haben.
Bei meinem Mann wurde Diabetes Typ 2 festgestellt. Ich bin unsicher, wie ich mit seiner Erkrankung umgehen soll. Was raten Sie?
Wichtig ist, ihn mit seiner Krankheit nicht allein zu lassen. Betroffene, die sich bei ihren Familien oder in einer Selbsthilfegruppe gut aufgehoben fühlen, bewältigen ihre Erkrankung leichter. Partner oder Angehörige sollten den Diabetiker vor allem zu den Schulungen begleiten. Dort lernen sie, was im Alltag geändert werden muss und auf welche Faktoren man etwa bei der Ernährung achten sollte. Angehörige sollten auch wissen, dass Stimmungsschwankungen bei Diabetikern nicht unüblich sind, sondern ein Zeichen für Unterzuckerung sein können. Den Umgang mit Diabetes als gemeinsame Aufgabe zu betrachten ist das Wichtigste.