An der Klasse der Musik kann der etwas geringe Zuspruch jedenfalls nicht gelegen haben. Zwei Stunden lang führt Wilco beeindruckend vor, wie man eine druckvolle Liveperformance zu gestalten hat. Sechs Herren stehen auf der Bühne, extrem klangsatt tanken sie sich durch ihr langes Set. Herausragend musizieren dabei der Leadgitarrist Nels Cline, der eigentlich ein Jazzer ist, allerdings virtuos die komplette Rockpalette beherrscht; sowie der Schlagzeuger Glenn Kotche, auch er durchaus jazzaffin und etwa durch seine Zusammenarbeit mit dem Kronos Quartett über den Tellerrand blickend. Beide spielen mit seltener Intensität, bei Cline beeindruckt die Finesse des Saitenmalträtierens, bei Kotche das Wechselspiel zwischen sanfter Grundierung und fast schon animalischer Wucht.

 

Die Band durchpflügt alle Schaffensperioden ihrer über zwanzigjährigen Geschichte, die sich grob gesagt zwischen Countryrock, Americanarock, Alternativerock, Independentrock und klassischen Rock bewegt. Zwischen diesen Genres liegen nicht gerade Welten, umso bemerkenswerter ist, wie die Band die Grenzen nicht nur auszuloten, sondern regelrecht abzustecken und herauszupräparieren versteht. Tweedy wandelt in den ruhigeren Momenten sachte auf uramerikanischen Pfaden, die Band landet in den strammeren Passagen bei hartem, metallischem Rock – und sie alle können unvermittelt vom einen in den anderen Gang schalten, sogar – wie sehr launig vorgeführt – mitten in den Stücken.

Fein instrumentierter Abend mit Charme

Fein instrumentiert ist das Ganze obendrein, grundiert von Bass und Tasteninstrumenten, getragen von den bis zu drei Gitarren, veredelt teils mit Dobro, Pedalsteel und Banjo. In einem schönen, dioramaartigen Bühnenbild musizieren sie, und was Tweedys Singstimme an Modulationsfähigkeit fehlen mag, das schließlich gleicht der Mann bei diesem sehr runden, wirklich eindringlichen und vorzüglich geratenen Abend mit Charme aus.