Eine Unterschriftenaktion von Wangener Bürgern soll das im Hotel Rössle geplante Heim für psychisch Kranke verhindern.

Wangen - Die geplante Umwidmung des Traditionshotels Rössle in ein Heim für psychisch kranke Menschen sorgt in Wangen für Aufregung. Mehrere hundert Wangener haben an einer Unterschriftenaktion teilgenommen, um die Sozialeinrichtung, die vom Verein Ambulante Hilfe getragen werden soll, zu verhindern. Initiiert wurde die Protestaktion von Hermann Zondler, der selbst in dem Stadtbezirk lebt. Er hat die Unterschriften samt der schriftlichen Bitte, die Pläne rückgängig zu machen, direkt an Oberbürgermeister Fritz Kuhn weitergeleitet.

 

Da der Wangener Bezirksbeirat, wie berichtet, erst sehr kurzfristig von der neuen Einrichtung für psychisch Kranke erfahren hat, verweist Zondler im ersten seiner zwei Briefe an den OB auf „das nicht rechtzeitige Anhören des Bezirksbeirats“. Dies wolle er zum Anlass nehmen, das Thema nochmals aufzugreifen. Zondler fürchtet – wie viele andere Wangener auch – um das soziale Gleichgewicht im Stadtbezirk. Die Umwidmung des Rössle, so heißt es in seinem Schreiben, „wäre für unseren Stadtbezirk zweifelsfrei eine wichtige gemeindliche Angelegenheit“.

Eine Unterschriftenaktion soll helfen

Für Vereine, Jahrgangsgruppen, zahlreiche Stammtische sowie für kirchliche Gremien, sei das Hotel Rössle „ein Stück Heimat“. Eine vergleichbare Alternative gebe es in Wangen nicht.

Seinem zweiten Brief an den OB hat Zondler nun eine Liste mit 329 Unterschriften beigefügt. Alle Bürger, die darauf unterzeichnet haben, hoffen, dass das Rössle als öffentliche Gaststätte mit Hotel erhalten bleibt. Das Rössle, so heißt es in dem Schreiben „war und ist für den Wangener Kernbereich eine Institution mit Magnet- und Leuchtturmfunktion“. Der schon „seit Jahren schwächelnde Einzelhandel“ sowie diverse Dienstleistungsbetriebe würden mit der Schließung des Rössle zusätzliche Umsatzeinbußen erleiden.

Zondler erklärt, dass er gemeinsam mit anderen Wangener Bürgern „die erforderlichen finanziellen und sonstigen Voraussetzungen“ organisieren könne, um den bereits erfolgten Verkauf des Rössle an den Verein Ambulante Hilfe zu „stornieren“ oder das Rössle von der Ambulanten Hilfe zu erwerben. So könne die beliebte Gaststätte in ihrer bisherigen Funktion erhalten bleiben.

Verständnis bei der Bezirksvorsteherin

Auch Wangens Bezirksvorsteherin Beate Dietrich würde sich freuen, wenn das Rössle weiter bestünde. Und sie hat Verständnis für die Ängste der Menschen. „Die Sorge der Wangener ist deshalb groß, weil sie sich zwei Dinge nicht vorstellen können: Wangen ohne Rössle und nicht zu wissen, was da genau kommt“, erklärt Dietrich. Als Bezirksvorsteherin sehe sie den Stadtbezirk mit seinen Problemen, als städtische Mitarbeiterin die Verpflichtung der Stadt, „sich um die Bürgerinnen und Bürger zu kümmern, die das nicht aus eigener Kraft können“. Aus der Bürgerschaft, so die Bezirksvorsteherin, bekomme sie sehr differenzierte Rückmeldungen: „Psychisch kranke Menschen gibt es überall und wir haben ihnen gegenüber die gleiche Verantwortung wie anderen Kranken gegenüber.“ Ihrer Ansicht nach hätte es andere Reaktionen gezeitigt, wenn ein alternativer Standort gewählt worden wäre und die Menschen nicht das Gefühl hätten, es werde ihnen „etwas Wichtiges weggenommen“.

Die Stadt hat nach den Worten der stellvertretenden Sozialamtsleiterin Gabriele Reichhardt keine Handhabe in Bezug auf die neue Einrichtung. Schließlich bestehe ein gültiger Kaufvertrag zwischen der Ambulanten Hilfe und dem früheren Besitzer des Hotels Rössle. Außerdem habe der Trägerverein das Konzept der Einrichtung gemeinsam mit dem Sozialamt und damit im Sinne der Stadt entwickelt.

Platz für kranke und wohnungslose Menschen

„Die Ambulante Hilfe hat gezielt nach einem hotelähnlichen Gebäude gesucht, um das Angebot so niederschwellig wie möglich zu machen“, sagt Reichhardt. Das Haus sei für die geplante Einrichtung optimal geeignet. Dass es seitens der Wangener Bevölkerung nun Unmut gebe, sei bedauerlich, sagt die stellvertretende Amtsleiterin. Jedoch brauche es in Stuttgart auch Plätze für psychische Kranke und Wohnungslose. „Die Ambulante Hilfe ist ein sehr guter und erfahrener Träger“, sagt sie. „Und wir tun alles dafür, dass sich die Klienten in Wangen gut eingliedern.“