Albrecht Rosers Puppen haben Generationen begeistert, ob es nun die Stuttgarter Oma war oder Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt. Seine frühere Assistentin Ingrid Höfer verwaltet sein Vermächtnis und vermittelt seine Kunst weiter.

Remshalden - Die exotische Schönheit hängt vermutlich seit sechs Jahren, vielleicht auch schon länger regungslos am Haken. Doch als Ingrid Höfer die Bauchtänzerin in die Hände nimmt, erwacht die Marionette sofort aus ihrem Dornröschenschlaf. Als hätte sie nur darauf gewartet, endlich zeigen zu dürfen, was alles in ihr steckt. Sie lächelt zart, sie lächelt verschmitzt, sie schaut verträumt, schüchtern, ein wenig melancholisch. Ganz verschiedene Gesichter entlockt ihr Ingrid Höfer in nur wenigen Minuten. „Diese Magie der Marionette, diese verschiedenen Ausdrücke, die kann man nur hervorholen, wenn man etwas von der Kunst der Maske versteht“, sagt Ingrid Höfer. Sie stand jahrzehntelang als Assistentin dem Puppenspieler und Marionettenbauer zur Seite, der diese Kunst wie kein zweiter verstand: Albrecht Roser.

 

In der Geburtsstätte der strickenden Stuttgarter Oma

Vor drei Jahren ist der Mann, der mit Gustaf und seinem Ensemble, der strickenden Oma, aber auch Fernsehfiguren wie „Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt“ berühmt wurde, gestorben. Seitdem steht die Zeit still in seinem Atelierhaus in Buoch. Hunderte Marionetten hängen in allen Ecken und Enden, in der Werkstatt stehen die Stechbeitel bereit. Auf der Bühne liegt der markante geschnitzte Kopf einer seiner letzten Marionetten – sie war bei seiner Beerdigung am Altar aufgestellt gewesen. „Ich weiß gar nicht mehr genau, wann wir das letzte Mal etwas im Atelier gemacht haben. Vermutlich vor sechs Jahren“, sagt Ingrid Höfer. Damals hatte Roser einen Schlaganfall erlitten, von dem er sich nie mehr erholt hatte.

Ein schwierige Zeit liegt hinter Ingrid Höfer, aber nun möchte die 76-Jährige das Atelier wieder mit Leben füllen. In den Pfingstferien hat sie einen ersten Einsteigerkurs angeboten, in dem sie den Teilnehmern die Rosersche Tüchermarionette näher gebracht hat. „Der Vorteil ist, dass man nicht lange bauen muss, sondern sofort spielen kann. Trotzdem lernt man, wie man sich mit der Marionette bewegen muss.“ Nur drei Anmeldungen hatte Ingrid Höfer, „aber das lag vermutlich daran, dass so lange nichts mehr im Atelier stattgefunden hat, und viele auch noch im Urlaub waren.“

Spielen lernen mit der Roserschen Tüchermarionette

Mitgemacht hat Angela Spitta, Lehrerin an der Waldorfschule in Stuttgart. „Ich möchte eigentlich gerne das Thema Marionettenbau bei mir an der Schule umsetzen. Und weil ich zeitlich keine Ausbildung machen kann, muss ich mir das Wissen über Umwege aneignen“, erzählt sie. Gerda Sigle aus Großheppach, sonst als Landwirtin tätig, wollte einfach mal etwas anderes ausprobieren und hat sich deswegen angemeldet. „Und das ist gar nicht so einfach“, sagt sie und lacht. Bei den ersten Versuchen an der Tüchermarionette hat sie zum Beispiel gemerkt, dass sie, die schwere Arbeit gewohnt ist, mit der großen Figur spielen muss: „Die kleine Marionette ist so leicht, da habe ich das Gefühl, nichts in der Hand zu haben.“

Ingrid Höfer legt Musik ein, mal leichten Jazz, dann wieder einen melancholischen Fado aus Portugal. Und dann dürfen die Teilnehmer einfach mal die Puppen tanzen lassen, und im großen Spiegel beobachten, was so passiert. „Wir haben mit viel Muse gearbeitet“, erzählt sie, die unheimlich viel über das Puppenspiel, über den Marionettenbau weiß. „Das möchte ich weitergeben, so wie ich es früher getan habe“, sagt sie. Ingrid Höfer hat Albrecht Roser nicht nur bei weltweiten Tourneen mit Gustaf und seinem Ensemble begleitet, sondern auch Puppenbauseminare geleitet, Lehrgänge und Sommerakademien im In- und Ausland.

Die Kunst Rosers wird weitervermittelt

Seit dem Tod von Roser hat sie ihr Wissen vor allem über Zeitschriftsbeiträge mit den Fachleuten geteilt. Auch an dem Fachbuch, das Albrecht Roser noch zu Lebzeiten angefangen hat, arbeitet sie weiter. „Ich würde aber auch unheimlich gerne Führungen im Atelier anbieten und Einblicke in diese zauberhafte Kunst geben“, sagt sie. Als nächstes kommen Studenten des Studiengangs Figurentheater aus Stuttgart zu ihr nach Buoch. Der Anfang ist gemacht.