Das Anfang März eingeführte Alkoholverkaufsverbot wird über die Hintertür Gaststättenkonzession weiter vielfach umgangen.

Stuttgart - Die Verwirrung ist perfekt. Noch vor drei Tagen hat sich Peter Huber an der Aral-Tankstelle im Stuttgarter Norden nach seiner Spätschicht noch ein Sixpack geholt, in dieser Nacht wird ihm an der Zapfstelle der Zugriff auf das späte Feierabendbier freundlich, aber bestimmt verwehrt.

Das Ordnungsamt habe den Verkauf trotz der Schanklizenz unterbunden, warum auch immer, erklärt ihm der Mitarbeiter hinter dem Tresen. Demnächst dürfe man aber bestimmt wieder Alkohol verkaufen, der Chef sei darum bemüht. "Das soll einer noch verstehen", mault Huber.

"Keiner blickt mehr durch"


Mit verärgerten Kunden, die sich über die derzeitige Konfusion beklagen, hat dieser Tage immer wieder auch die Nachtschicht in der Shell-Tankstelle am Neckar zu tun. Ebenfalls mit einer Lizenz ausgestattet, darf hier nach 22 Uhr ausschließlich Bier verkauft werden, worauf auch auf einem handgeschriebenen Schild hingewiesen wird. Bis vor kurzem habe man mit Erlaubnis der Behörde bis fünf Uhr morgens fünf Flaschen pro Person verkaufen dürfen, erzählt einer der Mitarbeiter.

Auf Anweisung des Ordnungsamts habe man die Verkaufszeit am Wochenende jetzt aber auf drei Uhr vorziehen müssen. Dafür sei nun ein Sixpack pro Person erlaubt. "Die Kunden blicken überhaupt nicht mehr durch. Die glauben, wir selbst denken uns diese ständig neuen Vorschriften aus", sagt er.

Keine zehn Fahrminuten entfernt gelten offenbar wieder völlig andere Spielregeln. Auch diese Tankstelle mit Bistro hat eine so genannte Gaststättenkonzession, die den Verkauf von Alkohol trotz des Verbots ermöglicht - das aber offenbar fast ohne jede Einschränkung. "Bei uns bekommen Sie selbstverständlich alles, nicht nur Bier", sagt einer der Mitarbeiter. Und tatsächlich gehen hier weit nach 22 Uhr etwa auch Weinflaschen und andere Spirituosen über den Verkaufstresen.

Insgesamt sechs Tankstellen mit einer Schanklizenz gibt es derzeit alleine im Stadtgebiet Stuttgart, im Land sind es nach Angaben des Wirtschaftsministeriums 215 - Tendenz steigend. Seit Inkrafttreten des Verbots seien neue Anträge auf Erteilung einer Gaststättenerlaubnis gestellt worden, bestätigt ein Ministeriumssprecher. Eine Flut von Anträgen sei aber nicht zu verzeichnen. "Ungeachtet dessen werden die Behörden die weitere Entwicklung natürlich genau beobachten."

Widerstand gegen das Gesetz wird heftiger


Auf Beobachtungsposten sind auch die Stuttgarter Polizei und die Gaststättenbehörde der Landeshauptstadt, bei der es seit der Einführung des Verbots ebenfalls Anfragen zum Thema Schanklizenz gab. Ausgestellt worden sei bisher aber noch keine neue Konzession, sagt der Amtsleiter Stefan Braun. Insgesamt seien bisher kaum Verstöße festgestellt worden, betont Braun, was auch der Polizeisprecher Stefan Keilbach bestätigen kann. Es sei nur ein Kioskbetreiber angezeigt worden, weil der kurz vor Mitternacht einen Underberg verkauft habe.