Eine zweite, im medizinischen Fachblatt „Journal of Allergy and Clinical Immunology“ erschienene Studie geht in eine ähnliche Richtung. Frühere Untersuchungen hatten gezeigt, dass Kinder, die auf einem Bauernhof aufwachsen, seltener Allergien bekommen als Stadtkinder. Robert Wood und seine Mitarbeiter von der Johns Hopkins Universität in Baltimore untersuchten in der Studie, welche in der Stadt vorkommenden Faktoren die Entstehung einer Allergie beeinflussen. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass Kleinkinder möglichst früh mit Allergenen in Kontakt kommen sollten. Kinder, die im ersten Lebensjahr Allergenen von Maus, Kakerlake oder Katze ausgesetzt sind, hatten dadurch kein erhöhtes Allergierisiko. Je mehr Allergene vorhanden waren, desto größer war der Effekt. Bei manchen Kindern nahm das Risiko sogar etwas ab. Allergene vom Hund spielten keine Rolle. Eine größere Bakterienvielfalt im Haushalt senkt der Studie zufolge zudem das Allergierisiko. Offenbar fungieren die Bakterien und manche Allergene als Lehrer für das Immunsystem: Sie zeigen ihm, dass Allergene zwar fremd, aber harmlos sind.

 

Auch die Ernährung spielt eine große Rolle für das Allergierisiko wie eine bereits Anfang des Jahres in „Nature Medicine“ veröffentlichte Studie von Marsland ergab. Das Team um Marsland hatte bei Mäusen festgestellt, dass eine an faserigen Ballaststoffen reiche Nahrung die Tiere vor Asthma schützt oder die allergische Reaktion nach einer Provokation abschwächt. Der reichliche Verzehr von Obst und Gemüse hemmt nämlich allergische Entzündungsreaktionen in der Lunge. Die Darmflora bildet bakterielle Stoffwechselprodukte, die vermutlich schützend wirken.

Laut Marsland werden diese Stoffe ins Blut abgegeben und beeinflussen die Reifung bestimmter Immunzellen im Knochenmark. Werden die Mäuse einem Hausstaubmilbenextrakt ausgesetzt, werden diese Immunzellen in die Lunge „gelockt“. Dort wirken sie einer übersteigerten Abwehrreaktion entgegen. „Zusammengenommen sprechen unsere Ergebnisse dafür, dass Maßnahmen, die an der Ernährung ansetzen, nicht nur für Erkrankungen des Verdauungstrakts wertvoll und sinnvoll sind, sondern auch für entzündliche Erkrankungen der Atemwege und Lungen“, meint Marsland. Klinische Studien sollen nun folgen.

„Eine gut gemachte, sehr interessante Studie“, lobt der Tübinger Mediziner Hartl. Sie zeige auch, dass nicht nur der Darm, sondern auch das Knochenmark eine wichtige und dynamische Rolle im Zusammenhang mit allergischem Asthma und der mütterlichen Ernährung spielen könnte. „Diese Achse vom Darm über das Knochenmark bis in die Lunge könnte erklären, warum Asthmafälle in den letzten Jahrzehnten immer weiter zunehmen. Denn die moderne Ernährung ist eher ballaststoffarm“, so von Mutius, die diese Thematik selbst intensiv wissenschaftlich untersucht. Lassen sich bereits Konsequenzen ableiten? „Nein, dafür ist es noch zu früh, auch wenn es Hinweise gibt, dass Kinder, die später an allergischem Asthma erkrankten, in den Jahren davor weniger Obst und Gemüse gegessen haben.“