Die deutschen Standorte des französischen Alstom-Konzerns in Mannheim und Stuttgart sollen offensichtlich an das US-Technologieunternehmen General Electric gehen. Eine Beschäftigungsgarantie gibt es nicht.

Stuttgart - Die Alstom-Beschäftigten in Deutschland sorgen sich um die Zukunft ihrer Arbeitsplätze. Denn bisher ist völlig unklar, wie sich die enge Allianz zwischen dem französischen Industriekonzern Alstom und dem US-Technologiekonzern General Electric (GE) auf hiesige Standorte wie Mannheim und Stuttgart auswirken wird. In Mannheim (1800 Beschäftigte) werden unter anderem Gasturbinen hergestellt, in Stuttgart (500 Beschäftigte) ist etwa der Kesselbau angesiedelt. Selbst die IG Metall in Mannheim muss sich bisher mit eher spärlichen Informationen begnügen. „Rechtlich sind wir nur Zaungast“, sagt Klaus Stein, der zweite Bevollmächtigte der IG Metall in Mannheim. Die Vertreter der Arbeitnehmer wollen nun schnell in einen „konstruktiven Dialog“ mit General Electric eintreten.

 

Die Sorge um die Arbeitsplätze ist nicht unbegründet. Denn anders als Siemens, die allerdings im Werben um Alstom den Kürzeren gezogen haben, hat GE keine Beschäftigungsgarantie für die deutschen Standorte abgegeben. Schlimmer noch: Anfang des Monats hat die derzeitige Alstom-Geschäftsleitung in Mannheim die bestehende Beschäftigungssicherung zum Ende des Jahres gekündigt. Das besondere an dieser Vereinbarung war, dass sie jeweils zwölf Monate lief und sich dann – ohne Kündigung – automatisch um weitere zwölf Monate verlängert hatte. Die Kündigung stehe nicht im Zusammenhang mit dem GE-Geschäft, sagte ein Alstom-Sprecher. Grund dafür sei vielmehr die Marktsituation. In den vergangenen fünf Jahren sei die weltweite Nachfrage nach Gasturbinen um 25 Prozent eingebrochen, so der Sprecher. Dies habe zu weltweiten Überkapazitäten und einem Preisdruck geführt – beides belaste den Standort Mannheim. In der Fertigung würden negative Zahlen geschrieben, so der Sprecher. Rund 700 Mitarbeiter in Deutschland, 400 davon in Mannheim, die anderen im saarländischen Bexbach, seien im Bereich Gasturbinen tätig.

Nach Ansicht von IG Metaller Stein sind dagegen die Kapazitäten im Bereich Gasturbinen in Mannheim derzeit gut angelastet – dank der hohen Nachfrage aus den USA. Dort boomt das Fracking, eine hierzulande umstrittene Gasfördermethode. Allerdings sieht auch Stein mittelfristig Probleme auf den Standort zukommen. Zumal Alstom nicht nur in Mannheim, sondern auch in der Schweiz, in Polen, den USA und Frankreich Gasturbinen fertigt. „Die Auslastungsprobleme treffen alle Standorte“, sagte der Alstom-Sprecher. Welche davon die größten sind, sagte er nicht.

Brüsseler Kartellbehörden müssen erst zustimmen

Grund zur Sorge: Wenn die jetzigen Pläne nämlich verwirklicht werden, wird Alstom aus dem Geschäft mit Gasturbinen ganz aussteigen und dies an GE übergeben. Und der US-Konzern ist für sein Streben nach Profitabilität bekannt. Auch andere Bereiche wie der Servicebereich Kraftwerke, Kohlekraftwerke sowie der Kesselbau dürften komplett den Eigentümer wechseln. Bei einer Alstom-Präsentation gestern vor Analysten über die künftige Struktur des Industriekonzerns spielten sie zumindest keine Rolle mehr. Dennoch wollte der Alstom-Sprecher die Trennung nicht bestätigen; er verwies auf die Brüsseler Kartellbehörden, die dem Geschäft erst noch zustimmen müssten.

Insgesamt beschäftigt Alstom in Deutschland an 23 Standorten 8600 Mitarbeiter, das sind knapp zehn Prozent der Konzernbelegschaft. Die meisten Mitarbeiter – nämlich 3700 – sind im Bereich Energieerzeugung tätig. In der Energieübertragung arbeiten 1400 Beschäftigte. An diesen beiden Bereichen ist GE interessiert – entweder komplett oder in den geplanten drei Gemeinschaftsunternehmen. Nicht betroffen von dem Deal ist der Transportbereich mit deutschlandweit 3300 Mitarbeitern, Salzgitter ist dabei größter Standort mit 2800 Beschäftigten. Von hier kommen etwa Regionalzüge.