Zwei Männer sind vor dem Amtsgericht Ludwigsburg schuldig gesprochen worden. Sie hatten bei Dacharbeiten an einer Halle in Remseck die Baustelle nicht ausreichend gesichert.

Ludwigsburg - Mitte Dezember 2014 ereignete sich der furchtbare Unfall: Bei Bauarbeiten am Dach einer Halle in Remseck stürzte ein 69-jähriger Stahlarbeiter zehn Meter in die Tiefe. Der Mann war auf eine Lichtplatte getreten und durch das Dach hindurch auf den Boden der Halle gefallen. Der Mann starb.

 

Fast zwei Jahre später hat das Ludwigsburger Amtsgericht nun die Verantwortlichen verurteilt, denn die Arbeitsstelle war nicht richtig abgesichert gewesen. „Die angebrachten Auffangnetze waren nicht ausreichend“, sagte eine Sachverständige der Gewerbeaufsicht in der Verhandlung. „Die Halle hätte während der Dacharbeiten komplett unternetzt werden sollen.“

Angeklagt waren zwei Männer. Zum einen der verantwortliche Projektleiter aus Rheinbrohl in Rheinland-Pfalz, der zu einem Jahr Gefängnis auf Bewährung und 6000 Euro Geldstrafe verurteilt wurde. Zum anderen ein Subunternehmer aus Elbe-Pary in Sachsen-Anhalt – der zwar schuldig gesprochen wurde, aber straffrei blieb. Besonders tragisch: Der Verunglückte war der Schwiegervater des 53-jährigen Subunternehmers.

Die Halle war nicht überall mit Netzen gesichert

Eine Recyclingfirma aus Remseck hatte dem rheinland-pfälzischen Hallenbau-Unternehmen Ende 2014 den Auftrag erteilt, das Dach einer Lagerhalle zu sanieren und dort Lichtplatten auszutauschen. Der 40-jährige Projektleiter wiederum beauftragte den Subunternehmer aus Elbe-Pary mit der Sanierung, war aber für die Sicherung der Halle zuständig – weshalb er eine Firma aus Untergruppenbach bei Heilbronn mit der Montage von Netzen beauftragte. „Weil die Halle so groß ist, wollte ich nicht den ganzen Bereich ausnetzen“, sagte der Angeklagte.

Für die Sicherheit der Arbeiter war indes der Subunternehmer verantwortlich – und er hatte offenbar nicht gegen die Sicherheitsmaßnahmen protestiert, obwohl ihm frühzeitig aufgefallen war, dass diese mangelhaft waren. „Mein Schwiegervater war ein erfahrener Handwerker“, sagte er vor Gericht.

Nach dieser Baustelle wollte der Verunglückte sich zur Ruhe setzen

Der Mann hatte das insolvente Unternehmen seines Schwiegervaters 2002 gekauft und wieder aufgebaut. Der Vater seiner Frau stand ihm danach helfend zur Seite – und verdiente sich auf den Baustellen etwas zu seiner Rente dazu. Die Baustelle in Remseck sollte seine letzte sein – danach wollte er sich zur Ruhe setzen.

Bei den Aufräumarbeiten am zweiten Arbeitstag kam es zu dem Unfall. Der 69-Jährige rollte auf dem Dach die Kabeltrommel ein, sein Schwiegersohn stand auf einer der Hebebühnen. Wie genau der Unfall passierte, ob der Mann stolperte oder ausrutschte, lässt sich nicht nachvollziehen. Für den Prozess war dies jedoch weniger entscheidend: „Die Angeklagten haben bewusst auf ausreichende Sicherungsmaßnahmen verzichtet“, sagte der Staatsanwalt in seinem Plädoyer und forderte ein Jahr Gefängnis für den Projektleiter, ein halbes Jahr für den Schwiegersohn.

Die Verteidigerin des Projektleiters hingegen forderte Freispruch. Als erfahrener Handwerker sei sich der 69-Jährige der Gefahr bewusst gewesen und hätte sich eigenverantwortlich dem Risiko ausgesetzt, sagte sie.

Die Richterin und ihre zwei Schöffen sahen dies anders und sprachen beide schuldig, verzichteten bei dem Subunternehmer allerdings auf eine Strafe. „Die Folgen der Tat treffen Sie und Ihre Familie besonders schwer“, sagte die Richterin. „Sie müssen damit leben, am Tod ihres Schwiegervaters mitverantwortlich zu sein.“