Im Internet fallen offenbar alle Grenzen. Wer sich einmal bewusst in Foren umschaut, Facebook-Einträge studiert oder Kommentare zu Veröffentlichungen jeglicher Art liest, wird das vermutlich bestätigen können. Auf vielen Seiten sind Beschimpfungen und Beleidigungen aus der untersten Schublade zu lesen, die wohl kaum jemand im persönlichen Kontakt einem Gesprächspartner in dieser Form an den Kopf werden würde. Manche Hasstiraden sind derart wüst, dass sie – direkt an eine Person gerichtet – sicher von einem Gericht als derbe Beleidigung beurteilt würden, sofern sie zur Anzeige gelangten.

 

Doch genau das ist das Problem: So weit kommt es meist gar nicht. Viele Kommentare im Internet werden anonym geäußert – und selbst wenn sie mit Klarnamen erfolgen, ist es extrem aufwendig, den Urheber ausfindig zu machen. Zumal der von einer Beleidigung Betroffene im Zweifelsfall nicht einmal von dem Angriff weiß.

Beim Verfahren um die Beleidigung Michel Friedmans am Amtsgericht in Besigheim ging es zwar offensichtlich vor allem auch um eine Privatfehde. Aber eine solche legitimiert sicher nicht, Unbeteiligte wie Friedman mit Beschimpfungen übelster Art öffentlich zu diffamieren. Hier hätte das Gericht die Möglichkeit gehabt, ein Zeichen gegen die Auswüchse im Internet zu setzen – zumal der Angeklagte offenbar auch ab und an antisemitische Äußerungen im Netz verbreitet. Die Chance, wilde Beschimpfungen im Internet nicht ungestraft zu lassen, wurde vertan. Zwar muss der Angeklagte 500 Euro zahlen, doch dies ist lediglich eine Auflage, und keine Strafe: Das Verfahren wurde eingestellt.