Eine 69 Jahre alter Böblinger hat seine Ex-Gattin und deren Tochter des Diebstahls beschuldigt. Doch hatte er den Schmuck seiner Frau offenbar geschenkt.

Böblingen - Es schien eine klare Geschichte zu sein“, meinte der Böblinger Amtsrichter Werner Kömpf. Die Anklage war von einem Diebstahl ausgegangen, welche die 58 Jahre alte Angeklagte und deren 41 Jahre alte Tochter nach den polizeilichen Ermittlungen begangen haben sollen. Die Frau hatte im Juli 2012 in einer „Nacht-und Nebelaktion“ ihre Sachen aus

 

der Wohnung in Böblingen geholt, in der sie bis dahin mit ihrem Ehemann lebte. Und sie hatte gemäß der Anzeige ihres damaligen Mannes auch Goldmünzen und Schmuck im Wert von insgesamt 130 000 Euro mitgehen lassen. Doch im Laufe der Verhandlung stellte sich heraus, dass die Goldmünzen möglicherweise gar nicht gestohlen worden waren und der Mann den Schmuck seiner Frau wohl geschenkt hatte. Nach dem Motto „Im Zweifel für die Angeklagten“ sprach Kömpf die Frauen frei.

50 Euro Taschengeld im Monat für die Frau

Die vor knapp 20 Jahren geschlossene Ehe sei in den vergangenen Jahren zerrüttet gewesen, erklärte der Verteidiger der 58-Jährigen. Sie selbst berichtete, dass ihr ehemaliger Gatte eine Freundin hatte und nicht vor gemeinsamen Begegnungen zurückschreckte. Er sei in den Jahren immer penibler geworden und habe etwa auch ihre Telefonkosten kontrolliert. Zuletzt habe er ihr ein monatliches Taschengeld von 50 Euro gewährt. Der 69-Jährige erklärte, dass er für die Einkäufe gesorgt habe und der Kühlschrank immer voll gewesen sei. Seine damalige Frau habe nicht mehr Geld für ihre Ausgaben benötigt, meinte er.

Die 58-Jährige hatte sich immer mehr tyrannisiert gefühlt, bis sie schließlich am 27. Juli 2012 mit ihrer Tochter aus erster Ehe ihre Kleider in einen Sack packte, den Schmuck an sich nahm und ihren Gatten verließ. Als dieser von seinem Stammtisch nach Hause kam, war sein Schreibtisch, in dem er den Schmuck aufbewahrt hatte, und die Schatulle, in der er 31 Goldmünzen deponiert hatte, gewaltsam geöffnet worden. Die Frau bekannte, dass sie den Schmuck mitgenommen habe, jedoch keine Münzen.

Zweifel am Wert der Schmuckstücke

„Auf unseren Reisen in die Türkei habe ich immer Schmuck geschenkt bekommen“, erklärte die Frau. Später habe ihr Mann, von dem sie seit Kurzem geschieden ist, die Schmuckstücke als Wertanlage bezeichnet. Sie habe fragen müsse, ob sie den Schmuck anlegen dürfe. „Ob der Schmuck stets ein Geschenk war, lässt sich nicht nachweisen“, erklärte Werner Kömpf. Den von dem Mann geschätzten Wert von 100 000 Euro hielt der Richter für viel zu hoch: „Wenn man die Stücke begutachten lassen würde, kämen wohl nicht einmal 10 000 Euro heraus.“

Der 69-Jährige pochte vor Gericht auf den einst geschlossenen Ehevertrag, in dem Gütertrennung vereinbart worden war. Festgehalten worden waren dabei sämtliche Gegenstände, die dem Mann gehörten. „Das ist absolut nicht normal, dass hier bis zur Zahnbürste alles dokumentiert wurde“, stellte Kömpf fest.

Verteidiger bezichtigttden Kläger der Lüge

Nachdem die Frau an jenem Freitag aus der Wohnung aussgezogen war, ging der 69-Jährige erst am Montag darauf zur Polizei, um seine Gattin und seine Stieftochter wegen Diebstahls anzuzeigen. Damals gab er 31 gestohlene Goldmünzen zu Protokoll. Die Aussage aber widerrief er später, es seien doch noch zehn Münzen in seinem Besitz. Wo die anderen 21 Münzen geblieben sind, blieb unklar. Die Polizei durchsuchte die Wohnung 41-Jährigen, bei der die 58-Jährige ohne eigenes Einkommen untergekommen ist. Münzen wurden nicht gefunden. „Sie haben bei Ihrer Anzeige gelogen“, warf der Verteidiger dem 69-Jährigen vor, „jemand wie Sie weiß doch genau, ob seine Münzsammlung komplett ist oder nicht.“ Der Staatsanwalt war von einem Diebstahl ausgegangen, weil die Frau davon gesprochen hatte, dass sie, wenn sie ihn verlassen würde, 30 000 Euro von ihm wolle, um ihre Existenz zu sichern.