Die Regisseurin Anne Zohra Berrached hat mit „24 Wochen“ einen Film über das Tabuthema Spätabtreibungen gedreht – mit Julia Jentsch und Bjarne Mädel in den Hauptrollen. Es werde viel zu wenig geredet über die möglichen Konsequenzen vorgeburtlicher Untersuchungen, sagt Berrached im Interview.

Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)

Stuttgart - Die Diagnose, dass ihr ungeborenes Kind möglicherweise Fehlbildungen hat, zwingt Eltern die wohl schwerste Entscheidung ihres Lebens ab. Sie müssen sich für oder gegen ihr Kind entscheiden. Im Interview spricht die Regisseurin Anne Berrached über ihre Sicht auf die Pränataldiagnostik.

 
Frau Berrached, warum haben Sie sich mit der Pränataldiagnostik beschäftigt?
Weil es nötig war. Ich habe ein Interview mit einem Arzt gelesen, in dem stand, dass 90 Prozent aller Frauen ihr Kind nach dem dritten Monat abtreiben, wenn eine Fehlbildung festgestellt wird. Über diese riesengroße Zahl reden wir alle nicht so richtig.
Sind die möglichen Konsequenzen vorgeburtlicher Diagnosen ein Tabuthema?
Das finde ich schon. Was kein Tabuthema ist, ist die Pränatalmedizin. Darüber wird viel geredet, und in sie wird auch viel Geld gesteckt. Aber das Reden hört irgendwann auf. Da fängt dann der Film an. Man muss sich bewusst machen, dass man eine Entscheidung treffen muss, wenn die Pränataldiagnostik einen Befund erbringt. Man erwartet immer, dass alles gut ist. Das ist ja auch in den meisten Fällen so. Aber es gibt eben auch andere Fälle. Und die werden mehr, weil wir immer mehr Untersuchungsmöglichkeiten haben.
Sechs Prozent der Kinder, die wegen einer Fehlbildung im späten Schwangerschaftsstadium abgetrieben werden, sind gesund.
Das ist so und gehört zu den furchtbaren Fehlern, die trotz modernster Untersuchungsmethoden noch immer passieren. Ärzte sprechen immer nur in Wahrscheinlichkeiten und Prozenten. Das geht dann so schnell, dass man als Betroffene gar nicht folgen kann. Im Moment schauen viele Mitarbeiterinnen aus Schwangerschaftkonfliktberatungsstellen den Film an. Sie sagen, dass die Frauen viel zu spät zu ihnen kommen. Die Pränataldiagnostiker sind in der Pflicht, mehr für die begleitende Beratung zur Untersuchung zu werben. Schon davor sollte extern beraten werden.