Der Bezirksbeirat Feuerbach unterstützt die Forderung der Freien Wähler, gegen gewerbsmäßige Bettelei im Stadtbezirk konsequenter vorzugehen und die Allgemeinverfügung auf Feuerbach auszudehnen.

Feuerbach - Sie kauern sommers wie winters am Straßenrand der Einkaufspassagen, manche haben ein paar Worte auf ein Pappschild geschrieben, und vor ihnen steht eine Büchse oder ein Pappbecher mit ein paar Centstücken darin. Auch in Feuerbach gehören die Bettler seit einiger Zeit zum täglichen Straßenbild: „Im Stadtbezirk, speziell in der Stuttgarter Straße, treten seit mindestens einem Jahr vermehrt Bettlerinnen und Bettler in Erscheinung“, sagt Jochen Heidenwag. Der Vorsitzende des Gewerbe- und Handelsvereins Feuerbach und Sprecher der Freien Wähler im Bezirksbeirat kann auf Anhieb fünf bis sechs Stellen nennen, wo fast immer jemand sitze und bettele. So befinde sich einer der Stammplätze neben einem Kreditinstitut in Feuerbach. Auch nahe der Kreuzung Stuttgarter Straße/Klagenfurter Straße sei eine dieser beliebten Stellen.

 

Die Standorte sind wohl gewählt: „Die Bettler suchen sich gezielt die Plätze aus, wo die Frequenz hoch ist und viele Passanten unterwegs sind“, sagt Heidenwag. Oft seien verschiedene Orte entlang der Stuttgarter Straße gleichzeitig belegt. Der Sprecher der Freien Wähler vermutet, dass die Bettler gezielt im Stadtbezirk abgeladen werden. FDP-Bezirksbeirätin Gabriele Heise berichtet, sie habe zumindest einmal beobachtet, wie an der Kreuzung Stuttgarter Straße/Grazer Straße morgens kurz vor acht Uhr aus einem weißen Transporter mehrere Personen ausgestiegen seien und sich dann an den entsprechenden Stellen postiert hätten - für sie ein Hinweis, dass es sich um organisiertes Betteln handelt.

Hinweise auf gewerbsmäßiges Betteln sollen überprüft werden

Albrecht Stadler vom Amt für öffentliche Ordnung kennt Fälle von gewerbsmäßigem Betteln eher aus dem Stadtzentrum: „Es gibt bettelnde Personen, die werden von Chefs regelmäßig abkassiert. Das ließ sich in der Innenstadt feststellen“, sagt Stadler. Doch der Nachweis dieser Praxis ist für die Polizei und den städtischen Vollzugsdienst nicht leicht zu führen. „Momentan sind wir in gemischten Streifen mit der Polizei vor allem in der Innenstadt aktiv“, sagt Udo Steinicke, Einsatzleiter des städtischen Vollzugsdienstes. Die Situation in Feuerbach kennt er gleichwohl: „Wir haben den Stadtbezirk im Rahmen unsere Bezirksstreife im Blick. Und wir kommen auch auf Zuruf nach Feuerbach, sobald uns konkrete Vorfälle oder Störungen gemeldet werden“, sagt Steinicke. Doch in Feuerbach würden sich die Aktivitäten der Bettler überwiegend im rechtlich erlaubten Rahmen bewegen. Die bisher in Feuerbach ausgesprochenen Platzverweise könne er nicht mal an einer Hand abzählen. Es habe ganz wenige Sachverhalte gegeben, die mit Belästigungen einhergegangen seien.

Auch Polizeisprecher Tobias Tomaszewski sagt, dass den Kollegen vom Polizeirevier 8 an der Kärntner Straße speziell in Feuerbach kaum Fälle vorliegen: „Wir haben in Feuerbach kein großes Problem mit aggressivem Betteln“, sagt Tomaszewski. Und gegen die stillen Formen gebe es keine rechtliche Handhabe. Das bestätigt Hermann Karpf, der Referent von Ordnungsbürgermeister Martin Schairer. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat bereits 1998 entschieden, dass Betteln für sich genommen keine Störung der öffentlichen Sicherheit darstellt. Im Juristendeutsch liest sich das so: „Die Anwesenheit auf dem Bürgersteig sitzender Menschen, die in Not geraten sind und an das Mitleid und die Hilfsbereitschaft von Passanten appellieren, muss von der Gemeinschaft jedenfalls in Zonen des öffentlichen Straßenverkehrs als eine Erscheinungsform des Zusammenlebens hingenommen werden und kann folglich nicht allgemein als sozial abträglicher und damit polizeiwidriger Zustand gewertet werden.“ Anders verhalte es sich, erklärt Karpf, wenn die Bettler Passanten bedrängen und aktiv auf die Menschen zugehen oder in Demutshaltung betteln. „Auch das Betteln mit Kindern und Tieren ist verboten“, sagt er.

Im Oktober 2014 trat für Teile der Innenstadt eine so genannte Allgemeinverfügung in Kraft. Mit dem Erlass soll die Aussprache von Platzverweisen bei aggressivem Betteln in der Alltagspraxis erleichtert werden: „Denn diese Personen und insbesondere ihre Hintermänner sollen wissen, dass ihr Verhalten in Stuttgart nicht toleriert wird, ja dass es dauerhaft verboten ist“, sagte Ordnungsbürgermeister Martin Schairer damals bei der Einführung. Im Übrigen wolle er nicht ausschließen, dass die Allgemeinverfügung auch auf andere Gebiete der Stadt ausgeweitet werde.

Im Antrag wird gefordert, die Allgemeinverfügung auf Feuerbach auszudehnen

Auf diesen Passus der damaligen Presseerklärung beruft sich nun Jochen Heidenwag und fordert, die Allgemeinverfügung auf die Einkaufsbereiche von Feuerbach auszudehnen. Denn nach seiner Einschätzung erfülle die hiesige „Bettelei alle Voraussetzungen, um dagegen faktisch vorgehen zu können“, heißt es in dem Antrag der Freien Wähler, der in der vergangenen Sitzung des Bezirksbeirats behandelt wurde. Die Bettler hätten teilweise Kinder und Tiere dabei und würden die Passanten ansprechen, führt Heidenwag aus. CDU, SPD, Grüne und FDP unterstützten den Antrag: „Es wäre aber besser, die Bereiche genau festzulegen“, sagte Heise (FDP) im Bezirksbeirat. Auch die CDU forderte, die Bereiche, wo aggressives und erwerbsmäßiges Betteln nicht erlaubt werden soll, genauer einzukreisen. Der Antrag wurde bei einer Enthaltung (SÖS-Linke-Plus) angenommen.

„Wir werden gemeinsam mit dem städtischen Vollzugsdienst und der Polizei die Situation vor Ort erörtern und analysieren, ob es eine entsprechende Lage gibt“, sagt Abteilungsleiter Stadler vom Ordnungsamt. Grundsätzlich sei es denkbar, die Verfügung auch in Feuerbach anzuwenden.