Erste Klagen aus den Nachbarbezirken werden laut. Seit der Einführung des Parkausweises im Stuttgarter Westen weichen Autofahrer aus.

Stuttgart - Seit einer Woche gilt im Westen das Parkraummanagement. Seitdem dürfen Anwohner ihren Wagen nur noch mit einem Parkausweis (30,70 Euro Jahresgebühr) in einer der acht Zonen am Straßenrand abstellen. Besucher und Pendler brauchen einen Parkschein. "Das Bewohnerparken funktioniert", sagt Hermann Karpf, Referent von Ordnungsbürgermeister Martin Schairer. Tagsüber gebe es im Westen wieder mehr freie Parkplätze. Auch abends habe sich die Lage verbessert. "Es gibt viel weniger Falschparker auf Sperrflächen, in Kurven oder auf dem Gehweg." Aus den Randlagen der Stadtbezirke Mitte und Nord gebe es aber auch erste Beschwerden über zusätzlichen Parksuchverkehr. "Oberhalb der Russischen Kirche ist es knackevoll", so Karpf. "Aber wo die meisten der früher im Westen geparkten Fahrzeuge geblieben sind, weiß die Stadt auch noch nicht."

 

Karl-Heinz Knoll, Geschäftsführer der Firma Schrausi im Gewerbegebiet Hinterer Vogelsang beim Westbahnhof, hat darauf eine Antwort: "Bei uns parken bestimmt 70 Prozent mehr Autos, die hier nicht hingehören", so Knoll. Dass Wohn- oder Lastwagen in dem Gewerbegebiet abgestellt werden, ist dort nicht erst seit vergangener Woche ein Problem. "Aber schon nach einer Woche ist deutlich spürbar, dass Autofahrer bei der Parkplatzsuche hierher ausweichen", meint Knoll. "Ich habe bis zu einem gewissen Punkt auch Verständnis für die Leute, irgendwo müssen sie ja hin. Aber für uns wird die Situation schlechter." Knoll würde es begrüßen, wenn die Anlieger und die Beschäftigten im Gewerbegebiet ebenfalls Parkausweise bekämen.

Parkraummanagement auch im Zentrum eine Möglichkeit

Auf der anderen Seite des Botnanger Sattels ist die Parksituation entspannt. "Wir hatten zwar Anrufe von Bürgern, die beklagten, dass die Anzahl der Autos zugenommen habe" , sagt Mina Smakaj, stellvertretende Bezirksvorsteherin von Botnang. "Aber unser Polizeiposten und ich teilen diese Einschätzung bis jetzt nicht."

Auch Veronika Kienzle, die Bezirksvorsteherin in Stuttgart-Mitte, hat nach einer Woche ebenfalls nicht den Eindruck gewonnen, dass mehr Autofahrer aus dem Westen in die City ausweichen. "Bei uns ist es so voll wie immer, wir haben gar keinen Platz für Ausweichverkehr", sagt sie. Von den ersten Ergebnissen aus dem Westen ist sie positiv überrascht. "Wir wünschen auch für den Stadtbezirk Mitte ein Parkraummanagement."

  

Bürger schaffen Platz in Garagen und Hinterhöfen

"Das war ein recht guter Start für das Bewohnerparken", sagt auch der Verkehrswissenschaftler Manfred Wacker von der Universität Stuttgart. Am Lehrstuhl für Verkehrsplanung und Verkehrsleittechnik wird die Einführung des Parkraummanagements wissenschaftlich begleitet. "Wir wissen aber auch noch nicht, wo die Autos geblieben sind", so Wacker. Man habe vergangene Woche die Lage am Straßenrand tagsüber und nachts erhoben, werte die Ergebnisse aber noch aus. Wacker rechnet damit, dass mehr Pendler nun in der Innenstadt in Parkhäusern parken oder auf Bus und Bahn umgestiegen sind. "Außerdem wissen wir aus anderen Städten, dass der Stellplatzbedarf bei der Einführung des Bewohnerparkens um rund zehn Prozent sinkt, weil in vielen als Hobbyraum genutzten Garagen nun wieder Autos stehen." Auch auf Hinterhöfen werde zusätzlicher Platz geschaffen und ein Teil der Autopendler bilde Fahrgemeinschaften .

Die Stuttgarter Wissenschaftler werden in den nächsten Monaten genau registrieren, wie sich die Parksituation und das Verhalten der Autofahrer im Westen entwickelt. "Genaue Aussagen sind frühestens nach sechs Monaten möglich", so Wacker. Das im Westen eingeführte Parkraummanagement sei aber ein lernendes System, bei Bedarf werde nachgebessert.

"Wir haben keinen Boom auf Garagenplätze im Westen festgestellt", sagt Tilman Kube, Sprecher des Parkhausbetreibers Apcoa in Stuttgart. Nur in der Tiefgarage an der Ecke Schwab-/Rotebühlstraße habe es im vergangenen Monat mit etwa 20 Anfragen mehr ein höheres Interesse als sonst üblich gegeben. "Dort sind aber alle Dauerplätze belegt." Noch freie Kapazitäten gibt es im Tivoli-Parkhaus an der Seidenstraße.