Das Arbeitslosenzentrum Ludwigsburg unterstützt Leute ohne Job und ohne Perspektive. Seit 30 Jahren ist der gemeinnützige Verein aktiv. Doch obwohl sich der Arbeitsmarkt so robust zeigt wie lange nicht, ist der Verein gefragter denn je.

Ludwigsburg - Sie kümmern sich um die, die am Rande der Gesellschaft stehen, keine Lobby haben und wenig Perspektive: um Arbeitslose, vor allem um Langzeitarbeitslose. Die Mitglieder des Vereins Arbeitslosenzentrum Ludwigsburg (ALZ) unterstützen diese seit mehr als 30 Jahren. Doch obwohl der Arbeitsmarkt in Deutschland derzeit so robust ist wie lange nicht, wird das ALZ dringender gebraucht denn je. Man bewege sich schon jetzt an der Grenze des Leistbaren, heißt es – rechne in Kürze aber mit noch größerem Ansturm.

 

Denn angesichts der steigenden Zahl an Flüchtlingen habe auch das Jobcenter immer mehr zu tun, erklärt Martin Zahner, Vorsitzender des Vereins ALZ. Man wisse zwar noch nicht, was da auf die Gesellschaft zukomme, „aber wir denken, das Jobcenter schafft das nicht“, sagt Zahner. Vermutlich würden zwar junge Neuankömmlinge oft schnell eine Stelle finden, viele andere könnten jedoch durchs Raster fallen. „Wenn Flüchtlinge Hartz IV beziehen müssen, dann landen sie bei uns“, ist sich Bernd Steuer, Geschäftsführer des ALZ, sicher.

Die Zahl der Hilfesuchenden steigt

Nicht zuletzt, weil es eine der Hauptaufgaben des Vereins sei, beim Ausfüllen von Hartz-IV-Anträgen zu helfen. Das Jobcenter könne das oft nicht in dem Umfang leisten wie die Mitarbeiter des Vereins. Allerdings werde es auch hier eng. Seit drei bis vier Jahren steige die Zahl der Menschen stetig, die Hilfe beim ALZ suchen, berichtet Bernd Steuer. Wurden im gesamten Jahr 2010 noch 1400 Fälle bearbeitet, so waren es 2015 bis Ende September 2015 schon rund 3200 Fälle.

Neben der Unterstützung bei Antragsstellungen hilft das ALZ seinen Kunden vor allem dabei, Bescheide von den Behörden zu verstehen – und im Zweifelsfall Widerspruch dagegen einzulegen. Aber auch bei Bewerbungen oder bei der Suche nach einer bezahlbaren Wohnung unterstützen die hauptamtliche Sozialberaterin und die zehn bis 15 Ehrenamtlichen ihre Kunden. Zudem begleiten sie sie bei Bedarf bei Behördengängen.

Inzwischen habe das ALZ ein gutes Verhältnis zum Jobcenter – das sei lange nicht so gewesen, sagt Bernd Steuer. Aber seit etwa drei Jahren tausche man sich regelmäßig aus, und das Jobcenter schicke immer wieder Leute zum ALZ, die weitergehende Unterstützung brauchten. Schließlich stehe man nicht in Konkurrenz zueinander: „Wir sind ein komplementäres Angebot“, erklärt Martin Zahner. Inzwischen organisiere das ALZ auch gemeinsame Veranstaltungen mit dem Jobcenter, beispielsweise Informationsabende für Arbeitslose.

Die Fälle werden immer komplexer

Doch trotz dieser erfreulichen Entwicklung sei immer wieder zu spüren, dass die Arbeitslosen keine Lobby hätten, sagt Werner Hillenbrand, stellvertretender Vorsitzender des ALZ: „Unsere Einrichtung wird totgeschwiegen, weil viele Leute Arbeitslose wohl für faul halten und nichts mit ihnen zu tun haben wollen.“ Erschwerend komme hinzu, dass die Fälle immer komplexer würden: Zahlreiche Arbeitslose hätten zusätzlich psychische Probleme, Schulden, sprachliche Defizite oder fänden keine Wohnung.

Auch die Hartz-IV-Reformen hätten sich negativ auf die Situation von Erwerbslosen ausgewirkt, sagt Martin Zahner. Nicht nur seien die Anforderungen der Behörden an die Langzeitarbeitslosen oft zu hoch oder realitätsfern, sondern es gebe auch kaum noch Möglichkeiten der geförderten Arbeit. Früher habe auch das ALZ eigene Werkstätten gehabt, über die zahlreiche Menschen wieder in den Arbeitsmarkt vermittelt worden seien. Doch die Fördermittel dafür wurden gestrichen – das war das Aus für das Angebot.

Immerhin finanziert die Landesregierung seit drei Jahren die Stelle der hauptamtlichen Sozialberaterin des Vereins. Allerdings läuft die Förderung Ende 2016 aus – die Mitarbeiter des ALZ hoffen inständig, dass sie darüber hinaus verlängert wird.

Mehr als 30 Jahre Unterstützung für Arbeitslose

Einrichtung:
Das Arbeitslosenzentrum Ludwigsburg wurde im September 1983 gegründet. Zwei Jahre später wurde zudem die Genossenschaft „Freie Hilfe“ ins Leben gerufen. Diese bot Arbeitslosen die Möglichkeit, durch die Arbeit in Werkstätten etwas Geld dazu zu verdienen und gleichzeitig Fähigkeiten für die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt zu erwerben. Die Einrichtung wurde staatlich gefördert. Als die Zuschüsse gestrichen wurden, musste die Genossenschaft im Mai 2004 Insolvenz anmelden.

Mitglieder
: Das Arbeitslosenzentrum hat etwa 200 Vereinsmitglieder, 10 bis 15 ehrenamtliche Mitarbeiter sowie eine hauptamtliche Kraft.