Die Zeitarbeitsbranche befindet sich im Umbruch – und im Lager der Metallarbeitgeber machen sich Enttäuschung und Unruhe breit. Ihre Befürchtung: Leiharbeit könnte sich für sie bald nicht mehr lohnen.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Im Lager der Metallarbeitgeber machen sich Enttäuschung und Unruhe breit. Kaum haben sie mit der IG Metall einen Tarifvertrag geschlossen, der den Einsatz von Leiharbeitern regelt – und kaum hat die Gewerkschaft mit den Zeitarbeitsverbänden stattliche Zulagen für diese Beschäftigten in der Metallindustrie ausgehandelt, kündigt sie an, dass dies erst der Anfang ihrer Bemühungen sei. Sie wolle nicht locker lassen, bis ein echtes Equal-Pay (gleicher Lohn für gleiche Arbeit) erreicht sei. Bei Südwestmetall sieht man die Verlässlichkeit der IG Metall in Frage gestellt. Sie stelle massiv und in hoher Geschwindigkeit manches von dem in Frage, was den Erfolg der Industrie ausmache.

 

Dieser scharfe Ton ist ungewöhnlich kurz nach einem Tarifabschluss, weshalb die Kritik bisher nur nicht öffentlich geäußert wird. Der Arbeitgeberverband befürchtet, dass es Zeitarbeit im Fall von weiteren Einschränkungen in der Metallindustrie nicht mehr geben werde, weil sich das Instrument für die Entleihbetriebe nicht mehr lohnen werde. Einig sind sich die Tarifparteien immerhin in dem bevorstehenden Wandel: Leiharbeit werde sich künftig auf hochqualifizierte Tätigkeiten konzentrieren, sagt der IG-Metall-Bezirksleiter Jörg Hofmann. Dies sehen die Metallarbeitgeber seit Langem so – allerdings aus einem anderen Blickwinkel. Demzufolge werde es einfache Tätigkeiten in absehbarer Zeit nicht mehr in Deutschland geben, weil die Kosten in dem Bereich nicht mehr weltmarktfähig seien. Schon jetzt sind in den unteren Entgeltgruppen kaum noch Stammarbeitsplätze zu finden.

Fünf Prozent Leiharbeiter

Unstrittig ist, dass die Betriebe im Schnitt zu etwa fünf Prozent Zeitarbeiter beschäftigen – 240 000 bis 280 000 bundesweit. 45 Prozent dieser Beschäftigten sind an- oder ungelernt und verrichten einfache Arbeiten. Bisher gehört nur jeder zehnte Leiharbeiter zu den Ingenieuren, Meistern und Technikern.

Vielerorts stehen nun Verhandlungen über betriebliche Regelungen an. Laut Tarifvertrag muss Leiharbeitern ein fester Job angeboten werden, wenn sie länger als 24 Monate im Betrieb sind. Davon wird aber nur ein kleiner Teil der Betroffenen profitieren, weil die durchschnittliche Verweildauer nach Verbandsangaben weniger als zwölf Monate und für jeden Zweiten gar nur sechs bis neun Monate beträgt. Stark steigen dürfte die Einsatzdauer jetzt auch nicht mehr. Vielmehr ist der Boom bei der Leiharbeit vorerst passé. Diese Einschätzung wird gestützt von der Marktforschungsagentur Lünendonk, die bei den 25 führenden Zeitarbeitsunternehmen dicke Bremsspuren festgestellt hat. Somit rechnen die führenden Anbieter für 2012 nur noch mit einem durchschnittlichen Umsatzwachstum von 11,4 Prozent – nach 17,5 Prozent (20,7 Milliarden Euro) 2011.

Generelles Equal-Pay

Das hat auch mit steigenden Kosten zu tun – immer lauter werden die Warnungen der Personaldienstleister vor einem generellen Equal-Pay. Mit Sorgen werden im Arbeitgeberlager daher die Aktivitäten der Politik beobachtet. Die von SPD und Grünen regierten Länder Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz haben eine Bundesratsinitiative gestartet, die gleichwertige Arbeitsbedingungen zum Ziel hat. Auch die Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen lässt nicht locker. Die CDU-Politikerin hat Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt und DGB-Chef Michael Sommer zu einem Spitzengespräch über die Zukunft der Zeitarbeit eingeladen. Nach den jüngsten Tarifabschlüssen – denen weitere folgen sollen – will sie erörtern, inwieweit eine Verschärfung der Gesetze gegen Missbrauch von Leiharbeit noch notwendig ist.

Hinzu kommt, dass IG-Metall-Chef Berthold Huber noch in der Sindelfinger Verhandlungsnacht angekündigt hat, als Nächstes den Bereich der Werkverträge ordnen zu wollen, weil damit Leiharbeit umgangen werde. Auch an der Stelle reagieren die Arbeitgeber gereizt. Der Erfolg der Wirtschaft basiere auf dem Prinzip der Arbeitsteilung, heißt es. Wenn die Gewerkschaft die über Werkverträge verrichteten Arbeiten in den Metalltarif zwängen wolle, würden die Kosten leicht um 40 Prozent steigen. Und sollte die IG Metall bei Werkverträgen eine ähnliche Kampagne wie bei der Zeitarbeit starten, sei eine noch schärfere Auseinandersetzung zu erwarten.