Göppingen. - Die Staufen Arbeits- und Beschäftigungsförderung gGmbH betreut zurzeit rund 170 Langzeitarbeitslose in den unterschiedlichsten Projekten. Doch es werde immer schwieriger, dafür Unterstützung zu bekommen, klagt Karin Woyta, die Geschäftsführerin.
Frau Woyta, Sie sind seit mehr als 15 Jahren im Geschäft. Was hat sich geändert?
Die Rahmenbedingungen sind ganz andere. Neulich hatte ich zehn Jahre alte Briefe von mir an einen damaligen Staatssekretär in der Hand, in denen ich mich unter anderem dazu äußere, wie schlimm es ist, dass die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen so kurzfristig sind. Und ich habe jetzt gedacht, was das noch für rosige Zeiten waren. Damals gab es noch Verlängerungsoptionen und ein ganzes Bündel von Maßnahmen. Man konnte noch auf die Bedürfnisse der Personen eingehen, und es gab noch Geld und den Willen, sich um diese Leute zu kümmern.
Das ist heute nicht mehr so?
Im Kreis Göppingen ist der gemeinsame Wille, sich um den Personenkreis der Langzeitarbeitslosen zu kümmern, noch vorhanden. Doch auch wir können uns über bestehende Gesetze nicht hinwegsetzen. Die Jobcenter haben nur begrenzte Budgets. In den vergangenen Jahren gab es immer weitere Kürzungen. Und es gibt auch kaum noch differenzierte Instrumente.
Welche Möglichkeiten haben Sie heute?
Im Grunde genommen nur noch zwei. Es gibt die sogenannten FAV-Plätze (Förderung von Arbeitsverhältnissen), für die es richtigen Lohn gibt. Davon gibt es im Landkreis aber gerade mal 40 für rund 800 bis 1000 Langzeitarbeitslose. Einen solchen Arbeitsplatz zu bekommen gleicht einem Lottogewinn. Und es gibt die Ein-Euro-Jobs. Aber das, was wir Regiekosten nennen, also die Mieten, Betriebskosten oder eben auch die Kosten für die sozialpädagogische Begleitung der Menschen, bekommen wir nur noch zu geringen Anteilen ersetzt. Uns fehlen dadurch rund 300 000 Euro im Jahr.
Auf die Politik sind Sie nicht gut zu sprechen?
Eigentlich bin ich nur noch frustriert. Ich werde sogar nach Brüssel eingeladen, um bei der EU unsere Projekte vorzustellen. Aber viele Politiker kommen zu uns vor Ort, finden das, was wir machen, alles toll und engagiert und stimmen dann in Berlin irgendwelchen Neuerungen und Kürzungen zu. Unsere Leute interessieren die Politiker eben nicht, denn sie sind ja nicht wahlrelevant.
Aber Sie kommen noch über die Runden?
Wir versuchen, die fehlenden Einnahmen zu ersetzen. Früher hatten wir vielleicht drei oder vier Geldgeber, die Agentur, den Landkreis, vielleicht noch ein EU-Projekt plus Spenden und unsere Umsätze. Mittlerweile sind es mehr als ein Dutzend verschiedene Töpfe und Einzelprojektförderungen. Ich arbeite mittlerweile auch sonntags. Dann sitze ich am Computer und suche nach den neuesten Ausschreibungen solcher Fördermaßnahmen. Dafür muss man dann Konzepte entwickeln und sich darum bewerben. Wir haben sogar einen Berater dafür. Doch nicht immer wird diese Mühe auch belohnt.
Waldeckhof, Gartenbau, Suppentöpfle, die vielen Projekte erzielen doch auch gewisse Umsätze?
Das dürfen wir nur in gewissem Umfang und auch nur dort, wo wir mit den Akteuren des Arbeitsmarkts im Kreis Göppingen, also mit der Kreishandwerkerschaft, der IHK und anderen, glücklicherweise ganz gute Absprachen treffen können. Eigentlich müssen wir als Beschäftigungsträger wettbewerbsneutral arbeiten.
Was bedeutet das?
Während die Werkstätten der Behinderteneinrichtungen oder des Justizvollzugs ganz normal arbeiten, dürfen wir nichts machen, was reguläre Unternehmen auch tun könnten. Einer unserer Teilnehmer darf rein rechtlich zwar die Tiere auf dem Hof streicheln, füttern darf er sie streng genommen aber nicht.
Sie fühlen sich benachteiligt?
Langzeitarbeitslose haben genauso ein Recht auf Arbeit wie Menschen mit Behinderungen. Aber auch sonst wundert man sich, dass Unternehmen subventioniert werden und wir das Nachsehen haben. Wir sollten zum Beispiel unser Verwaltungsgebäude am Waldeckhof dringend energetisch sanieren. Firmen können eine Beratung zu 50 Prozent gefördert bekommen. Wir als gemeinnützige GmbH haben darauf keinen Anspruch, geschweige denn, dass die Kreditanstalt für Wiederaufbau uns dafür einen günstiges Darlehen geben darf. Wir müssen selbst schauen, woher wir das Geld dafür bekommen.
Wenn Sie sich was wünschen könnten . . .?
Ich wünsche mir, dass man sich weiterhin um unsere Menschen kümmert und für deren Begleitung eine entsprechende finanzielle Ausstattung bereitstellt. Ich wünsche mir, dass die Hilfe für Langzeitarbeitslose ein Thema ist, mit dem sich die Politik befasst und nicht nur in Spanien Fachkräfte anwirbt. Ich finde es dramatisch, dass Deutschland nicht einmal den Versuch unternimmt, junge Deutsche zu retten. Fachkräftemangel ist das eine. Und das andere hat mit Menschenwürde zu tun. Die beste Prävention für Kinderarmut ist, wenn sie deren Eltern in Arbeit bekommen, wenn die Eltern nicht schon immer von staatlicher Hilfe leben, sondern Vorbild sind.