Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Bei einer anschließenden Arbeitnehmerkonferenz der SPD eilt sie durch all ihre weiteren Projekte nach der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns: Nunmehr bis Sommer will Nahles das umstrittene Gesetz zu Werkverträgen und Leiharbeit durch den Bundestag bringen. Gesamtmetall-Präsident Rainer Dulger habe sich mit seiner Kritik „besonders hervorgetan“ und den Weltuntergang herbeigeredet. Dabei werde es künftig vielleicht sogar mehr Werkverträge geben, „aber dann müssen sie sauber sein“. Es sei doch hochinteressant, dass gerade die beabsichtigten Transparenzregeln für so viel Aufregung sorgten. Beispielhaft nennt Nahles die BMW-Niederlassung in Berlin, wo nur noch eine Person fest angestellt sei – alle anderen Tätigkeiten seien ausgelagert. Einen „Deckmantel für Missbrauch und Lohndrückerei“ dulde sie nicht länger.

 

Ferner soll Scheinselbstständigkeit genauer definiert werden. Und Leiharbeitnehmer sollen nicht mehr zu Streikbrecherarbeiten eingeteilt werden dürfen, wie dies im Vorjahr bei der Post passiert sei. „Diese Kreativität würde ich mir weniger in der Personal- als in der Entwicklungsabteilung der Unternehmen wünschen“, lästert die Ministerin. Einen „Skandal“ nennt sie es, dass manche Beschäftigte sieben und mehr Jahre in der Leiharbeit festsäßen. Dabei handelte es sich um „keine kleine Minderheit“. Für nicht tarifgebundene Betriebe gelte daher künftig eine Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten. „Dann ist finito.“ Mit den Betriebsräten könne etwas anderes vereinbart werden – „aber nur wenn ein Tarifvertrag dies festlegt“. Aus IG-Metall-Kreisen ist zu den Werkverträgen zu hören, dass sich allein die Gewerkschaft und Gesamtmetall im Prinzip auf das Gesetzespaket einigen könnten. Widerstand gebe es aber noch im Lager der Arbeitgebervereinigung BDA, die von den Dienstleistungsbranchen zum Widerstand gedrängt wird.

Armuts- und Reichtumsbericht in neuer Form

„So nebenbei“ will die Sozialdemokratin in einem Gesetzentwurf mit dem Bundesfinanzminister die betriebliche Altersvorsorge neu regeln. Diese solle für kleinere und mittlere Betriebe besser umsetzbar sein. So soll dem Akzeptanzschwund der Altersvorsorge entgegengewirkt werden. Im Frühjahr will sie „mit zustimmungsfähigen Vorschlägen“ ins Kabinett gehen.

Eine weiteres Großprojekt ist eine europäische Mindestlohnregelung, für die Nahles eine Konferenz der EU-Arbeits- und Sozialminister einberufen hat, „um Dampf zu machen“ – sowie eine neue Arbeitszeitgesetzgebung in Deutschland. „Wir arbeiten die Gesetze der Reihe nach ab“, sagt sie. Ende 2016 will Nahles einen neuen Armuts- und Reichtumsbericht vorlegen. Dazu laufe bereits eine begleitende Forschung. Ihr Schwerpunkt werde allerdings auf den Teilhabechancen liegen – nicht auf der „idiotischen Logik der reinen Zahlen“, wonach es wieder mehr Arme in Deutschland gebe. Denn dies sei „nicht die Wahrheit“.