Bei den archäologischen Grabungen auf dem Träubleareal in Gerlingen sind die Gebeine eines Kindes aus der Alamannenzeit gefunden worden.

Die Knochen sind klein, die Schädeldecke eingedrückt, alles liegt durcheinander im Lehmboden, von oben her halb freigelegt. Die Fachleute des Landesdenkmalamtes aus Esslingen haben das Grab auf dem Träubleareal jüngst gefunden – direkt neben einer Abwasserleitung aus heutiger Zeit. Das Grab sei beraubt worden, vielleicht einige Jahrzehnte nach der Bestattung, und man habe einen Knochenkamm als Beigabe gefunden, erklärte Jonathan Scheschkewitz, der wissenschaftliche Leiter der Grabung. Als Sensation von überregionaler Tragweite wird der Fund nicht gewertet, aber doch als sehr bedeutsam für die weitere Erforschung der Gerlinger Vorgeschichte.

 

Weitere Untersuchung durch Anthropologen

Das Kindergrab datiere aus dem sechsten oder siebten Jahrhundert, also der Alamannenzeit, so Scheschkewitz. Das Kind sei bei seinem Tod vermutlich zwischen vier und sechs Jahren alt gewesen, das müssten Anthropologen noch klären. Der Fund sei „sehr spannend“, denn „ein Grab kommt selten allein“. Die Frage sei, ob es sich um ein Einzelgrab neben einem Hof handele, oder ob man auf eine „Siedlungsbestattung“ gestoßen sei. Jedenfalls seien die Grubenhäuser, die man nebenan nachweisen kann, erst etwa 500 Jahre später, im 11. oder 12. Jahrhundert, erbaut worden. Wie berichtet, wurden darin handwerkliche Tätigkeiten ausgeübt – das schließt man auch aus einem Webgewicht.

Ingo Rust, Staatssekretär im Finanz- und Wirtschaftsministerium des Landes, der Regierungspräsident Johannes Schmalzl und Vertreter des Landesdenkmalamtes (LDA) stellten in Gerlingen das Jahrbuch 2011 des Amtes vor. Darin sind in 75 Beiträgen die Ergebnisse von mehr als 60 Grabungen dargestellt, aus der Region Stuttgart auch in Esslingen, Sindelfingen, Wäschenbeuren (Kreis Göppingen), Weilheim/Teck (Kreis Esslingen) und Welzheim (Rems-Murr-Kreis). Rust betonte, das Buch sei auch im Zeitalter der elektronischen Medien nötig, es stelle eine „hochinteressante Reise in die weite Ferne“ dar.

Grabung ist vertraglich geregelt

Claus Wolf vom LDA erläuterte, die Gerlinger Grabung beruhe auf einem neuen Verfahren: das Vorgehen ist vertraglich zwischen den Beteiligten fixiert. Dies sind das LDA, als Grundeigentümer zwei Familien und die Stadt, sowie der Bauträger, der von 2013 an hier bauen wird. Die bisherigen Ergebnisse zeigten zwar „keine Pfahlbauten und kein Fürstengrab“. Mit dem Kindergrab, etlichen Grubenhäusern und weiteren Funden werde Gerlingen aber „nach dieser Ausgrabung einen Platz in der Landesarchäologie einnehmen“.