Damit ist aber noch nicht geklärt, was der Eigentümer eines Bauwerkes letztendlich tun darf und was nicht. Der Urheber hat zwar grundsätzlich ein Recht darauf, dass das von ihm geschaffene Werk im Ausdruck nicht verändert wird, muss aber auch gewisse Änderungen seines Werkes dulden, erklärt Rechtsanwalt Morlock. Bevor das Änderungsverbot greift, werde immer zuerst zwischen den Interessen des Eigentümers an einer Veränderung und den Interessen des Urhebers an einer unveränderten Beibehaltung abgewogen. „Geprüft wird unter anderem auch, inwieweit eine Änderung überhaupt in das Urheberrecht eingreift”, so der Rechtsanwalt. In vielen Fällen sei aber eine Änderung zulässig, sofern das ursprüngliche Werk nicht entstellt werde.

Wirklichen Streit zwischen Bauherrn und Urheber gibt es in der Regel nur bei großen und herausragenden Projekten, weiß der Justiziar der Architektenkammer. Ein typisches Beispiel für Rechtsstreitigkeiten im öffentlichen Bereich seien Schulgebäude. Viele Schulen aus den 60er Jahren seien längst zu klein und müssten erweitert werden. Diese Erweiterungsbauten riefen nicht selten die ursprünglichen Architekten auf den Plan. Der Rechtsanwalt macht aber wenig Hoffnung, in diesen speziellen Fällen recht zu bekommen, selbst wenn die Gebäude aus heutiger Sicht urheberschutzfähig seien. „Hier wiegt das Interesse des Eigentümers an einer Veränderung höher als das Recht des Urhebers an einer Beibehaltung.” Niemand könne schließlich einer Kommune verwehren, die Schule zu erweitern, weil sie zu klein geworden sei, kommentiert Morlock die einschlägigen Entscheidungen. Pech hatte auch der Architekt einer Kirche, der gegen die Veränderung der Innengestaltung geklagt hatte. Die Richter vertraten die Auffassung, dass der Urheber einer Kirche damit rechnen muss, dass die liturgischen Bedürfnisse irgendwann eine bauliche Anpassung erforderlich machen könnten.

Mehr Glück hatte der Architekt, der bei einem städtebaulich bedeutsamen Geldinstitutsbau in Baden-Württemberg ein künstlerisch wertvolles Treppenhaus geplant hat. Er erreichte in letzter Instanz vor dem Bundesgerichtshof, dass der Eigentümerin des Gebäudes untersagt wurde, im Treppenhaus ein Kunstwerk aufzustellen. Die von dem Künstler entworfene Plastik würde den Treppenlauf verändern, so damals die Argumentation des Architekten. Die Plastik musste wieder entfernt werden, entschieden die Richter. Das sei aber eher ein seltener Fall, erinnert sich Morlock. Trotzdem sehe das Urheberrecht auch den Schutz einzelner Bauwerke wie Treppenaufgänge, Gitter, Gartentore, Fassaden, Erker, die Farbgebung eines Gebäudes sowie die Innenraumgestaltung vor. Lediglich bloße Möbelgruppierungen seien nicht schutzfähig.