Das Urheberrecht räumt der Bau-Kunst Schutzrechte ein. Der Abriss jedoch ist nicht geregelt.

Stuttgart - Nicht alle Urheberrechtsstreitigkeiten zwischen Architekt und Bauherr sind gleich so spektakulär wie der Umbau des Stuttgarter Hauptbahnhofs und der damit verbundene Abriss der Seitenflügel. Manchmal geht es auch „nur” um die Reparatur des beschädigten Lichtbandes des Kunstmuseums auf dem Kleinen Schlossplatz in Stuttgart oder um den Umbau irgendeines Rathauses in der Region. Unter Umständen kann aber auch der Anbau an einem Privat- oder Geschäftshaus zum urheberrechtlichen Streitfall werden. Das sei aber eher eine Seltenheit, beruhigt Alfred Morlock, Justiziar der Architektenkammer Baden-Württemberg.

In der Regel treten Urheberrechtsfragen bei öffentlichen Gebäuden auf. „Wird zum Beispiel ein Rathaus umgebaut, ruft zuerst der Bürgermeister, dann der ausführende Architekt und schließlich der ursprüngliche Planer bei der Architektenkammer an. Und jeder hat eine andere Meinung zu dem Thema”, ist die Erfahrung des Rechtsanwalts. Der Streit um „Werke der Bau-Kunst” ist so alt wie das deutsche Urheberrecht. Das besagt, dass auch Bauwerke und die dazugehörigen Pläne geschützte Werke sind. Aber wann ist ein Bauwerk schutzfähig und wann nicht?

Für das Oberlandesgericht Stuttgart (OLG), das den Umbau des Stuttgarter Hauptbahnhofes und den damit verbundenen Abriss der beiden Seitenflügel im Oktober letzten Jahres verhandelte, genießt ein Bauwerk urheberrechtlichen Schutz, „wenn es aus der Masse des alltäglichen Bauschaffens herausragt, also eine ausreichende schöpferische Individualität, eine künstlerische Qualität aufweist”. Das muss nicht unbedingt von einem Experten festgestellt werden. Hier reicht laut dem OLG auch „der ästhetische Eindruck, den das Werk nach dem Durchschnittsurteil des für Kunst empfänglichen und mit Kunstfragen einigermaßen vertrauten Menschen vermittelt”. „Das kann letztendlich auch der Richter sein, auf dessen Tisch der Fall gelandet ist”, erläutert Morlock.