Die Schau „Fokus S“ in der Architekturgalerie am Weißenhof zeigt Stuttgart aus der Perspektive hiesiger Fotografen. Wir stellen einige davon in Bild und Person vor: Heute der Architekturfotograf Wolfram Janzer.

Stuttgart - Die Architekturgalerie am Weißenhof hat ein Dutzend Stuttgarter Fotografen eingeladen, ihre persönliche Sicht auf die Stadt zu zeigen, das für sie Spezifische daran zum Ausdruck zu bringen. In loser Folge veröffentlichen wir eine Auswahl der Aufnahmen. Heute: der Architekturfotograf Wolfram Janzer. Nachts sind alle Städte sexy. Selten hat man Stuttgart so mondän, so großstädtisch glitzernd gesehen wie auf Wolfram Janzers nächtlichem „Blick vom Tagblattturm“. Als helle Bänder heben sich die Straßen – im Vordergrund die Kreuzung Eberhard- und Talstraße – von den scharf konturierten schwarzen Blöcken der Gebäude ab. Fast meint man, einen Negativabzug vor sich zu haben. Und in der Tat könnte Janzers Bildserie ebenso gut in der aktuellen Schau der Staatsgalerie mit fotografischen Lichtexperimenten hängen wie in der Ausstellung der Weißenhofgalerie. Auf die Las-Vegasierung der artigen „Schwabenmetropole“ kam es ihm aber gar nicht an, sondern auf die Komposition, die das Verhältnis von städtischem Raum und Zwischenraum reflektiert und zugleich die Balance zwischen Abstraktion und Realismus, Inhalt und Form hält. Und, so möchte man ergänzen, zwischen heiß und kalt.

 

Wolfram Janzer, der Nestor unter den Stuttgarter Architekturfotografen, ein Meister seines Metiers mit über siebzig Ausstellungen in Deutschland und auf internationalem Parkett, kommt als einer der wenigen in seinem Berufszweig vom Fach. Bevor er sich Anfang der Neunziger ausschließlich aufs Fotografieren verlegte, war er praktizierender Architekt mit eigenem Büro in Stuttgart. Logisch, dass seine Erfahrung im Planen und Bauen den Umgang mit der Kamera prägt. „Über mein Sehen versuche ich Architektur und Fotografie zu verbinden, in der Fotografie so zu arbeiten, wie Architekten Pläne zeichnen: frontal, gestaffelt, in eine Ebene projiziert; Tiefe zeige ich durch Licht.“

Zu seinen Vorbildern zählen die großen Architekturfotografen der zwanziger Jahre. Die gleiche Bewunderung gilt den Pionieren des Neuen Bauens. Das erklärt auch Janzers Standortwahl: Ernst Otto Oßwalds 1928 errichteter Tagblattturm, von wo er in einer schneelosen Januarnacht Hortenfassade, Hegel-Haus, Graf-Eberhard-Bau, Breuningerkuppel, Gustav-Siegle-Haus und Leonhardskirche mit der kleinteiligen Bebauung des Leonhardsviertels aufnahm.

Inspirieren ließ er sich dabei von dem Bauhaus-Fotografen Umbo und dessen charakteristischer Ästhetik aus Licht-Schatten-Kontrasten und ungewöhnlichen Perspektiven. Umbos Thema war Berlin, die niemals schlafende, nervöse, pulsierende Kapitale der Roaring Twenties. Am Neckar geht alles ein bisschen ruhiger zu, wie man an den zu später Stunde entvölkerten Straßen sieht. Aber Hand aufs Herz – ist Stuttgart auf Wolfram Janzers Foto nicht viel schöner als Berlin?