Hauptgewinner des vom Bund Deutscher Architekten ausgeschriebenen Preises ist das Konzerthaus von Peter Haimerl im bayerischen Blaibach. Aber auch das Stuttgarter Büro von M Architekten ist zu Nike-Ehren gekommen.

Karlsruhe - Im Dschungel der Architekturpreise ist es nicht leicht, den Überblick zu behalten. Auf nationaler Ebene ist die „Nike“, die der Bund Deutscher Architekten alle drei Jahre für herausragende Bauten vergibt, eine der ranghöchsten Auszeichnungen. Den Hauptpreis 2016, die „Große Nike“, hat am Wochenende Peter Haimerl für das Konzerthaus in Blaibach, einem Dorf im Bayerischen Wald, erhalten. Im Badischen Staatstheater Karlsruhe, dem Ort der diesjährigen Preisverleihung, nahm der Münchner Architekt am Wochenende die nach der griechischen Siegesgöttin Nike benannte Trophäe entgegen.

 

Gewürdigt hat die Jury unter Vorsitz des BDA-Präsidenten Heiner Farwick damit aber nicht nur die Leistung des Architekten, sondern auch die der Bürger, da diese das Projekt nach Kräften unterstützten, um ihr verödetes Ortszentrum wiederzubeleben. Die Nike in der Kategorie „soziales Engagement“ gab es darum gleich noch dazu. Verdient hätten die braven Blaibacher obendrein aber auch noch die Mut-Nike – wenn es denn eine gäbe. Denn das Konzerthaus ist alles andere als ein gefälliger Bau in traditioneller Tracht, sondern sieht aus wie ein wuchtiger, in der Ortsmitte mit Kawumm eingeschlagener Meteorit, in dessen Inneren der unterirdische Konzertsaal zwischen Sichtbetonwänden steil zur Bühne hin abfällt.

Aber auch Stuttgart ist nicht leer ausgegangen, zumindest nicht, was den Architektenstand betrifft. Gebaut wird in der Stadt derzeit ja kaum Preiswürdiges (abgerissen dagegen schon eher). Die Nike für Atmosphäre bekamen Dennis Mueller, Matthias Siegert und Myriam Kunz von M Architekten, deren Luther-Museum in Eisleben durch das einfühlsame Zusammenspiel von Alt und Neu beeindruckte. Dem historischen Sterbehaus des Reformators haben die Stuttgarter einen modernen Neubautrakt angefügt, in dem Sonderausstellungen gezeigt werden.

Gewürdigt werden auch moderne Klassiker

Der Preis, soviel ist klar, wird nicht nach den üblichen, nach Funktion oder Material unterschiedenen Architekturkriterien vergeben. Gewürdigt wird also nicht der beste Ziegelbau oder das beste Schulgebäude. Stattdessen verleiht der BDA neben der Sozialengagement- und der Atmosphäre-Nike weitere Niken in den Kategorien Symbolik (Schulz und Schulz, Leipzig, für die Trinitatiskirche in Leipzig), Neuerung (Deppisch Architekten, Freising, für einen energieeffizienten Wohnungsbau in Ansbach), Komposition (Bembé Dellinger Architekten, Greifenberg, für die neue Ortsmitte Wettstetten) sowie Fügung (Westphal Architekten, Bremen, für Schuppen Eins in der Überseestadt in Bremen). Als Kandidat für die Auszeichnung kommt übrigens nur in Frage, wer auf Landesebene bereits einen BDA-Preis errungen hat, weshalb die Nike von ihren Auslobern auch gern als „Preis der Sieger“ apostrophiert wird. Man befindet sich mit der Dame sozusagen im Skyroom des Architekten-Olymps.

Dass Architektur aber nicht aus lauter Novitäten besteht, sondern für die Dauer gebaut ist, will der BDA seit 2013 darüber hinaus mit einer Klassik-Nike in Erinnerung rufen, die er für ein Bauwerk verleiht, „das sich über Jahrzehnte bewährt hat und noch immer als vorbildhaft gilt“. Vor drei Jahren war die Stuttgarter Truppe, die einst das Münchner Olympiastadion geplant hatte, zu Nike-Ehren gekommen. Diesmal sind die Hamburger Meinhard von Gerkan und Volkwin Marg die Glücklichen. Für ihren Berliner Flughafen Tegel, den sie als berufliche Frischlinge zwischen 1965 und 1975 planten, gab es in Karlsruhe den Klassikpreis. Dazu die Jury: Tegel stehe, obschon formal als Kind seiner Zeit erkennbar, „für Zurückhaltung der Gestaltung und Zweckdienlichkeit, ja Genialität seiner Konzeption“. Alles Eigenschaften, die dem neuen BER-Flughafen in vierzig Jahren nicht nachzurühmen sein werden – falls der dann nicht längst abgerissen ist.