Die Stadt Backnang will eigene Gebäude nutzen, um Flüchtlinge unterzubringen. Im ehemaligen Stadtarchiv und dem Haus, das bis vor kurzem die Volkshochschule genutzt hat, sollen 65 Menschen einziehen – das hat der Gemeinderat nun beschlossen.

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Backnang - Nach einer erstaunlich ruhig geführten Debatte hat der Backnanger Gemeinderat nun einstimmig beschlossen, dass zwei städtische Immobilien künftig für die Unterbringung von Flüchtlingen genutzt werden sollen. In dem Gebäude, das bis vor kurzem die Volkshochschule genutzt hat, und im ehemaligen Stadtarchiv werden demnächst zusammen 65 Asylbewerber unterkommen. Der Umbau der Gebäude soll rund 380 000 Euro kosten. Eigentlich hatte die Stadt andere Pläne mit den beiden Immobilen gehabt.

 

65 neue Plätze für Flüchtlinge

Der Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) erklärte, dass die Kommune im kommenden Jahr wohl noch viel mehr Plätze bereitstellen müsse. Der Landkreis sei ständig auf der Suche nach Immobilien zur Unterbringung der zugewiesenen Flüchtlinge. In Backnang verfüge der Kreis über rund 400 Plätze für Flüchtlinge in der sogenannten Anschlussunterbringung.

Während der Diskussion machten die Stadträte quer durch die Fraktionen deutlich, dass sie sich nicht vorstellen können, dass die Kommunen noch lange in der Lage sein werden, die derzeit täglich rund 10 000 Männer, Frauen und Kinder unterzubringen, die über die Grenzen kommen.

Besonders deutliche Worte fand Eric Bachert von den Grünen. Die Kanzlerin Angela Merkel (CDU) habe durch ihre Aussage, dass jeder aufgenommen werde, den großen Ansturm auf Deutschland ausgelöst, behauptete er. Aber die „große Willkommensparty“ gehe zu Ende. Die Stimmung drohe zu kippen. In den Unterkünften mobbten Muslime die Christen, viele Araber verachteten Schwarzafrikaner. Es gelte, die freie pluralistische Demokratie zu verteidigen, auch in den Unterkünften für Asylbewerber. Die meisten Flüchtlinge, so Bachert, seien nicht die Fachkräfte von morgen, sondern allenfalls die von übermorgen. Sie seien wohl langfristig auf Hartz-IV-Zahlungen angewiesen. In Deutschland müsse eine Mittelweg gefunden werden, zwischen „alle rein lassen und Stacheldraht“.

Frank Nopper fordert „Maß und Mitte“

Ähnlich äußerte sich der OB, der „Maß und Mitte“ forderte. „Unsere Stadtgesellschaft darf nicht gespalten werden in die Begeisterten einerseits und die Besorgten andererseits, die sich gegenseitig bekämpfen.“ Nopper zitierte den Bundespräsidenten, der jüngst erklärt hatte, dass die Möglichkeiten, den Flüchtlingen zu helfen, begrenzt seien. Wer das noch nicht bemerkt habe, „der ist ganz weit weg von der Realität“. Armin Dobler (SPD) sagte, „die Aufnahmekapazität kommt an ihre Grenze“.

Ute Ulfert (CDU) sagte zum geplanten Umbau der Gebäude: „Wir müssen einfach handeln.“ Und Heinz Franke (SPD) erklärte, die Menschen, die über die Grenzen kommen, müssten menschenwürdig untergebracht werden. Der Bauunternehmer Alfred Bauer vom Bürgerforum indes hatte wieder einmal eine ganz eigene Sicht der Dinge. Die Stadt solle Baracken bauen für die Flüchtlinge. Es sei auch gar nicht nötig, diese Menschen zu integrieren, denn sie würden ja zurückgeführt, „wenn Putin aufgeräumt hat“ in Syrien.

Flüchtlinge im Kreis

Gemeinschaftsunterkünfte
Im Kreisgebiet existieren zurzeit 16 Gemeinschaftsunterkünfte (GU). Neben den Unterkünften in Städten und Gemeinden ist auch eine im Schullandheim Mönchshof bei Kaisersbach in Betrieb, wo 85 Menschen eine Unterkunft gefunden haben. In den GUs leben zurzeit 2264 Menschen, die meisten in Waiblingen (477) und Schorndorf (410), gefolgt von Backnang (355), Fellbach (248), Winnenden (286) und Weinstadt (126).

Sozialarbeiter
In den Unterkünften herrscht bereits jetzt ein Mangel an Sozialarbeitern. Das Landratsamt hat ein Defizit von 6,3 Stellen berechnet, zusätzlich werden wohl 25 weitere Stellen benötigt, 28 Unterkünfte mit rund 3000 Plätzen könnten benötigt werden. Um diese Fachkräfte zu bekommen, arbeitet der Kreis mit Freien Trägern zusammen.