In Zuffenhausen und Feuerbach wurde über die geplanten Asylunterkünfte diskutiert. In beiden Bezirken wurden die vorgeschlagenen Standorte abgelehnt, in Feuerbach sprach ma sich aber grundsätzlich für die Aufnahme von Flüchtlingen aus.

Zuffenhausen - Die Verwaltung plant, vom kommenden Jahr an Flüchtlinge in Zuffenhausen und in Feuerbach unterzubringen (die Nord-Rundschau berichtete). Die entsprechende Beschlussvorlage ist in den jüngsten Sitzungen der Zuffenhäuser und Feuerbacher Bezirksbeiräte allerdings auf einige Kritik gestoßen. In Zuffenhausen lautete das Abstimmungsergebnis acht zu acht. Damit gilt das Papier als abgelehnt. Die Feuerbacher lehnten die von der Verwaltung vorgeschlagenen Standorte in ihrem Bezirk ebenfalls ab, sprachen sich aber grundsätzlich für die Aufnahme von Flüchtlingen aus und machten eigene Vorschläge für Alternativstandorte.

 

„Das Maß ist voll“

„Wir freuen uns, nach Zuffenhausen kommen zu dürfen. In der Vergangenheit konnten wir hier gut arbeiten“, hatte Stefan Spatz, der stellvertretende Leiter des Sozialamtes, gesagt, bevor er die Pläne der Verwaltung in der gut gefüllten Zehntscheuer detailliert vorstellte. Diese Freude dürfte im Laufe der Sitzung freilich deutlich gedämpft worden sein. Vor allem aus Reihen der bürgerlichen Parteien musste sich Spatz einige Kritik zu den Plänen anhören, 159 Flüchtlinge in zwei Fertigbauten an der Zazenhäuser Straße unterzubringen. „Zuffenhausen hat seine Verantwortung für Stuttgart erbracht. Das Maß ist voll“, sagte CDU-Fraktionssprecher Hartmut Brauswetter und betonte, das Konzept der Verwaltung sei nicht ausgewogen. Immer noch gebe es fünf Bezirke in Stuttgart, die gar keine Flüchtlinge aufgenommen hätten. Von einer gerechten Verteilung könne man also kaum sprechen. Brauswetter bekam einigen Applaus aus Reihen des Publikums, ebenso wie Karlheinz Schmid von der FDP: „Die Belastung in Zuffenhausen ist schon sehr hoch. Jetzt bekommen wir noch etwas draufgepackt.“ Man sei gezwungen, sich in Zuffenhausen mit Problemen zu befassen, die eigentlich in Berlin und Brüssel geregelt werden müssten. Schmid machte einen eigenen Standort-Vorschlag und forderte die Verwaltung auf, diesen zu prüfen. Das Grundstück, so berichtete er, sei 55 auf 35 Meter groß, besitze alle notwendigen technischen Anschlüsse und wäre bestens an den Nahverkehr angebunden. Welches Areal er meinte, wollte er in der Sitzung nicht sagen. Auf Nachfrage der Nord-Rundschau erläuterte er später aber, dass es sich um einen Parkplatz am Ende der Fürfelder Straße in Rot handle. Der Platz, so Schmid, sei bereits versiegelt, werde kaum genutzt und gehöre der Stadt.

Zuhörer stehen bis an die Tür

„Die Aufnahme von Flüchtlingen ist für uns auch eine humanitäre Verpflichtung“, betonte Stefan Spatz. Er verwies darauf, dass das von der städtischen „Task Force“ erarbeitete Konzept durchaus ausgewogen sei. Eine Aufrechnung sei schwierig, natürlich suche man in allen 23 Stuttgarter Bezirken nach Unterkünften.

Nachfragen aus Reihen der Bezirksbeiräte gab es zur geplanten Betreuung der Flüchtlinge. „Es muss immer jemand da sein“, forderte Hans-Georg Kerler von der SPD. Die von Spatz in Aussicht gestellten zwei Sozialarbeiter für die beiden Fertigbauten an der Zazenhäuser Straße seien zu wenig. Kerler wandte sich, ebenso wie Fraktionskollege Alexander Mak, gegen eine Abwehrhaltung und berief sich auf christliche und humanistische Werte und mahnte an, die Menschlichkeit nicht zu vergessen. „Es geht darum, Menschen in Not aufzunehmen“, sagte Mak.

In Feuerbach war der große Sitzungssaal im Bezirksrathaus am Wilhelm-Geiger-Platz am vergangenen Dienstagabend nicht groß genug, um allen Interessierten Platz zu bieten. Bis vor die Tür standen die Zuhörer, um die Diskussion über die möglichen Unterbringungsorte der Flüchtlinge zu verfolgen. Die Bezirksbeiratsfraktionen von CDU, FDP, Freien Wählern und von SÖS/Linke hatten sich im Vorfeld der Sitzung auf eine gemeinsame Position verständigt, deren Wortlaut FDP-Bezirksbeirat Wolfgang Voelker vortrug: „Bei der Suche der bestmöglichen Unterbringung hat die Stadt die Interessen sowohl der zu uns kommenden Menschen ebenso wie der bereits in der Stadtgemeinschaft lebenden Bürger zu berücksichtigen. Entscheidend wird sein, dass es der Stadt gelingt, Standorte zu finden, die eine konfliktfreie und für die gedachte Personengruppe geeignete Unterbringung ermöglichen“, heißt es in der gemeinsamen Erklärung.

Bauchschmerzen bei den vorgeschlagenen Standorten

Genau dies vermissen aber die Bezirksbeiräte im Falle Feuerbachs. Elf der 14 Mitglieder lehnten deshalb die Standorte an der Burgherrenstraße für 87 Flüchtlinge und die vorgeschlagene Alternative im Hattenbühl mit 159 Plätzen ab. Als Gründe wurden unter anderen genannt, dass an den Plätzen die Infrastruktur fehle: Beide seien räumlich weit von zentralen Einrichtungen und vom öffentlichen Nahverkehr entfernt, bei beiden bestehe die Gefahr der Gettoisierung. „Wir sind der Auffassung, dass es in Feuerbach andere, zeitnah verfügbare und auch im Eigentum der Stadt stehende Flächen gibt, welche die Voraussetzung für eine menschenwürdige Unterbringung ermöglichen.“ Das Gremium präsentierte den Vertretern der Stadtverwaltung zudem eine Liste mit 24 Alternativstandorten. Britta Weber von den Feuerbacher Grünen sagte, auch sie habe Bauchschmerzen bei den von der Stadt vorgeschlagenen Standorten, es sollte daher gründlich geprüft werden, ob es nicht bessere Unterbringungsmöglichkeiten gebe.

Susanne Kletzin sprach sich für kleine Wohneinheiten mit guter Anbindung in den Stadtbezirk aus. Die SPD-Sprecherin im Feuerbacher Bezirksbeirat gab zu bedenken, dass die Flüchtlinge besser in intakten Wohngebieten als in problematischen Stadtteilen untergebracht seien. An Orten, wo es den dort wohnenden Leuten gut gehe, könne man auch den Flüchtlingen eher Unterstützung zuteil werden lassen, meinte Kletzin. Negative Erfahrungen habe man in der Vergangenheit mit den Massenunterkünften wie der Rheinstahlhalle auf dem Pragsattel und der Leitzstraße in Feuerbach gemacht. In dem Fabrikgebäude an der Feuerbacher Leitzstraße waren vor allem in den 1990er Jahren bis zu 600 Personen unterschiedlicher ethnischer Herkunft untergebracht: „Das möchte ich nicht mehr erleben“, sagte Kletzin.

Qualität vor Schnelligkeit

Laut Spatz sollen nicht mehr als 250 Personen an einem Unterbringungsort wohnen. Ein Sozialarbeiter soll sich um 68 Flüchtlinge kümmern. Die Betreuung werde außerordentlich professionell ablaufen, versprach Spatz. Im August 2014 sollen die ersten Einrichtungen in Betrieb gehen.

CDU-Bezirksbeirätin Ingrid Dettinger kritisierte den Zeitplan scharf: „Sie haben es versäumt, frühzeitig zu reagieren“, sagte sie zu Spatz. Einen Ad-hoc-Beschluss lehnte sie ab: „Wir können das auch nach Weihnachten entscheiden.“

Auch Rolf Zeeb (FDP) forderte, die Angelegenheit nicht im „Rucki-Zucki-Verfahren“ zu behandeln: Es könne nicht sein, dass die Verwaltung erst vier Tage vor der Sitzung die Vorlage präsentiere. Jochen Heidenwag (Freie Wähler) wundert sich, dass die Bauanträge innerhalb von zwei Monaten bearbeitet werden und so schnell genehmigungsfähig vorliegen. „Das überrascht mich sehr.“ Bei vielen Privatleuten dauere ein solches Antragsverfahren erheblich länger.

Für Roland Saur (SÖS/Die Linke) geht bei der Standortsuche „Qualität vor Schnelligkeit“. Absolute Priorität habe die „menschenwürdige Unterbringung“ der Flüchtlinge. Erst müssten die Alternativstandorte geprüft und dann könne entschieden werden. Axel Wolf vom Amt für Liegenschaften und Wohnen versprach, jeden der Vorschläge genau zu prüfen. Am Dienstag will er die Ergebnisse vorstellen.